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Gipfeltreffen: "Die WM wird ein Erfolg"

WM-Chef Franz Beckenbauer und Bundestrainer Jürgen Klinsmann gehen auf Schmusekurs - und die Kanzlerin verordnet Optimismus.

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Bundestrainer Jürgen Klinsmann demonstrativ den Rücken gestärkt und sich mit den Spitzenvertretern des deutschen Fußballs zu einer großen Koalition für die Weltmeisterschaft im eigenen Land zusammengeschlossen. «Die Bundesregierung wird sie unterstützen», versprach die Regierungschefin am Mittwochabend beim gemeinsamen Gipfel-Essen mit Klinsmann, WM-Chef Franz Beckenbauer und einer von Präsident Theo Zwanziger angeführten DFB-Delegation im Berliner Kanzleramt. Merkel richtete den Blick optimistisch auf das am 9. Juni beginnende Großereignis: «Ich bin überzeugt, die WM wird auch sportlich ein Erfolg.»

In ihrem launigen Statement ermunterte die CDU-Politikerin den seit der 1:4-Niederlage in Italien stark in der Kritik stehenden Klinsmann dazu, unbedingt seinen Reformkurs mit jungen Spielern fortzusetzen: «Ich bin überzeugt, dass Jürgen Klinsmann und sein Team auf einem guten Weg sind. Von Kritik darf man sich nicht beeinflussen lassen.» Klinsmann bedankte sich bei der Kanzlerin für die «netten Worte der Aufmunterung» und versprach, sie zu beherzigen. «Wenn man was vorantreiben will, gibt es auch auf die Mütze. Wir werden unser Ding durchziehen, egal, wo der Wohnort ist», sagte er in süffisanter Anspielung auf die zuvor gemachte Bemerkung von WM-Chef Beckenbauer, der «im Spaß» erklärt hatte, Klinsmann habe von der kalifornischen Sonne genug und werde «jetzt ganz nach Deutschland ziehen».

Es fiel auf, dass Klinsmann und Beckenbauer nicht nur vor der Presse nach ihren atmosphärischen Störungen die Nähe suchten. Auch verbal ging Klinsmann auf Schmusekurs mit dem «Kaiser», als er sagte: «Franz Beckenbauer sorgt mit seinem Stab dafür, dass es die größte und beste WM aller Zeiten wird. Wir wollen dafür sorgen, dass es auch sportlich eine erfolgreiche wird.» Er nahm sich seinen ehemaligen Trainer sogar zum Vorbild, denn wie Beckenbauer 1990 wolle er die Nationalelf am 9. Juli möglichst zum Titelgewinn führen. Beckenbauer rief wie Merkel zum nationalen Schulterschluss auf: «Die WM ist eine große Chance, das wissen wir alle. Also - packen wir es an.»

Nach einem gemeinsamen Gruppenfoto wurde hinter verschlossenen Türen weiter diskutiert und dabei gespeist. Trotz WM-Sorgen, neuem Wettskandal und der andauernden Debatte um Klinsmann wollte von den Beteiligten niemand von einem Krisengipfel sprechen. «Das ist ein reines Informationsgespräch», betonte Beckenbauer. Die Kanzlerin wies Begriffe wie «Friedens»- oder «Schlichtungsgipfel» ebenfalls ausdrücklich zurück. Einmischen in Differenzen wie jüngst zwischen Beckenbauer und Klinsmann will sie sich nicht. Scherzhaft meinte sie etwa: «Wer von mir ein Machtwort in der Torwartfrage erwartet, den muss ich enttäuschen.» Stattdessen gab es ein Pauschallob für alle deutschen WM-Macher: «Sie alle leisten einen vorzüglichen Job.»

Eine Woche vor dem Richtung weisenden Länderspiel gegen die USA in Dortmund, von dessen Ausgang wesentlich die Stimmung im Gastgeber- Land in den noch verbleibenden 85 Tagen bis zur WM abhängt, wurde in der Hauptstadt hinter den Kulissen am Mittwoch an einer nationalen WM-Allianz gearbeitet. Der «Kaiser» nutzte nach dem Zeit raubenden Besuch in bislang 30 Ländern, die vom 9. Juni an bei der WM in Deutschland vertreten sein werden, die Gelegenheit zu Gesprächen «über verschiedene Themen» - gerade auch mit Klinsmann.

Entspannung auf allen Ebenen war im WM-Endspielort angesagt. So erklärte Beckenbauer zum Streit mit dem Bundestrainer, den er noch vor einer Woche scharf attackiert hatte: «Wen soll man denn versöhnen, wenn es nichts zu versöhnen gibt?» Er habe lediglich kritisch angemerkt, dass Klinsmann beim FIFA-Workshop als Gastgeber-Trainer gefehlt hatte. «Das ist das Einzige», betonte der deutsche WM-Chef. Ansonsten hätte er weiter Vertrauen in den Bundestrainer.

Dennoch wurde auch am Mittwoch die Sorge um ein erfolgreiches Abschneiden des Gastgebers weiter geschürt. Aus München kam die Nachricht, dass in Hoffnungsträger Sebastian Deisler nach Kevin Kuranyi ein zweiter WM-Kandidat am Knie operiert werden muss - die Schwere der Verletzung und die Dauer seiner Zwangspause ist noch unklar. Bayern-Manager Uli Hoeneß, Sprecher der so genannten Task Force der Bundesliga zu Fragen der Nationalmannschaft, befürchtet, dass es «mit Sicherheit eine Riesendiskussion um Klinsmann» geben werde, wenn das Spiel gegen die USA «in die Hose geht». Man könne nur hoffen, dass die Mannschaft «ordentlich spielt und gewinnt», sagte Hoeneß im «Stern».

Merkel forderte alle Deutschen auf, Optimismus auszustrahlen und «den Heimvorteil zu nutzen», sprich, hinter der Mannschaft zu stehen. Doch nach einer Umfrage des Forsa-Instituts glauben nur noch drei Prozent der Deutschen an den WM-Titel der «Klinsmänner». Ende Februar waren es noch neun Prozent gewesen. 17 Prozent gehen inzwischen davon aus, dass die deutsche Mannschaft nach der Vorrunde ausscheidet. (Von Jens Mende und Klaus Bergmann, dpa)

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