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Sport: Glanzlos glücklich

Die deutschen Frauen hatten bei der EM bisher kaum Mühe mit der Konkurrenz

Die Französinnen wirkten irritiert. Die Fußball-Nationalspielerinnen, die die etablierten Teams bei der Europameisterschaft in England hatten ärgern wollen, standen noch eine gute Stunde nach dem Vorrundenspiel gegen die deutsche Mannschaft auf dem weitläufigen Parkplatz vor dem Halliwell Jones Stadium in Warrington. Mit langen Gesichtern, denn nach dem 3:0-Erfolg der Deutschen stand fest: Geheimfavorit Frankreich bleibt fürs Erste ein Geheimfavorit – und das nicht mehr bei dieser EM. Die Französinnen sind ausgeschieden gegen eine deutsche Mannschaft, die anscheinend beim Turnier in England die Konkurrenz nicht fürchten muss.

Wie es scheint, haben es die Titelverteidigerinnen sehr eilig damit, auch dieses Turnier erfolgreich hinter sich zu bringen. Und falls so gewollt, war die Gestaltung des Sonntagnachmittags in Warrington in ihrer Konsequenz durchaus überzeugend: Gemächlich anfangen und dann zum Ende der Partie hin aufdrehen. Bundestrainerin Tina Theune-Meyer jedenfalls behauptete, in etwa diese Taktik ausgegeben zu haben. Schon im ersten Spiel gegen Italien seien die Französinnen mit zunehmender Spieldauer ermattet, erklärte sie. „Und im zweiten auch.“ Woraus die 51-Jährige schloss: „Das ist eine Mannschaft der ersten Halbzeit.“ Und so gab sie ihrem Team der zweiten Halbzeit – sechs ihrer acht Vorrundentreffer erzielten die deutschen Frauen nach der Pause – mit auf den Weg: „Wir sind schon im Halbfinale, müssen hier nichts mit der Brechstange probieren.“ Die Gegnerinnen wurden immer müder, und ab der 72. Minute schossen Inka Grings, Renate Lingor per Strafstoß und Sandra Minnert per Freistoß die Tore – im Fünf-Minuten-Takt. Diese Treffer waren auch nötig, denn schon ein 1:0-Erfolg gegen Weltmeister Deutschland hätte Frankreich zum Gruppensieger statt zum Gruppendritten gemacht. Und Deutschland hätte im Halbfinale nicht wie jetzt gegen das Überraschungsteam Finnland gespielt, sondern gegen den WM-Zweiten aus Schweden.

Theune-Meyer sind die Stärken der Finninnen nicht fremd. Vor der EM hat sie den Halbfinalgegner in einem Test gegen Italien beobachtet und während der EM beim 2:1-Sieg über Dänemark. Zuvor hatte Finnland bei der EM gegen Gastgeber England zum Auftakt verloren und ein Remis gegen Schweden erreicht. Die Bundestrainerin leitet daraus die Erkenntnis ab: „Durch die positiven Ergebnisse bei diesem Turnier haben die Finninnen einen Lauf bekommen.“ Und jetzt können sie als Außenseiter unbeschwert in das Halbfinale gegen Deutschland am Mittwoch gehen. „Es gibt keinen Grund, Finnland zu unterschätzen“, sagt Nationaltorhüterin Silke Rottenberg. Man wisse allerdings nicht viel über den Gegner, meint Mannschaftskollegin Pia Wunderlich, „wir verlassen uns da ganz auf Tina Theune-Meyer. Sie wird uns mit ihren Videos schon richtig einstellen.“

Bisher jedenfalls konnte bei der EM noch kein Gegner die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gefährden. Obwohl die deutschen Frauen keineswegs an ihre Grenzen gegangen sind. Selbst der Geschäftsführende DFB-Präsident sieht es so. Theo Zwanziger sagte bei seiner Stippvisite in England: „Ich habe die Mannschaft schon besser gesehen, spielerisch ist sicher noch mehr drin.“ Theune-Meyer ficht das nicht an. Ihre Mannschaft sei Gruppenerster geworden mit drei Siegen und bislang ohne Gegentor geblieben. Was also, sagt die Bundestrainerin, soll schlecht an den Auftritten ihrer Mannschaft sein? Nichts. Auch wenn sie bisher glanzlos waren. Denn die statistischen Werte der Deutschen stimmen bisher bei der EM in England.

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