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Sport: Gleiten über Eis und Straße

Beim Berlin-Marathon wird Felix Rijhnen als bester deutscher Skater antreten – auch auf Kufen ist er schnell.

Berlin - Diese ganzen Spielchen macht er erst gar nicht mit. Dafür ist er zu schwer; mit 82 Kilogramm hetzt man nicht immer wieder mit kurzen Zwischenspurts über den Asphalt, schnell anfahren, bald wieder abbremsen, das ist nichts für Felix Rijhnen, da geht ihm zu schnell die Puste aus. Aber ein Massenspurt ins Ziel, das hört sich schon besser an. „Wenn es zum Massenspurt kommt, traue ich mir einen Sieg zu“, sagt Rijhnen. Immerhin ist er der beste deutsche Inline-Skater, er hat gerade bei der WM den fünften Platz belegt, und außerdem fühlt er sich gut.

„Der Sieg in Berlin“, sagt Felix Rijhnen vom „Powerslide-Matter World Team“, „das wäre mein Traum.“ Im vergangenen Jahr belegte er Platz fünf; er durfte damals seinen klar führenden Teamkollegen Ewen Fernandez nicht attackieren, das verbot die Stallorder. Vielleicht läuft es ja am Samstag (15.30 Uhr) besser, wenn die Skater beim Berlin-Marathon auf die Strecke gehen.

Der 22-Jährige ist im Moment in einer nicht ganz klar definierten Position. Noch ist er nicht gut genug, um unangefochten Teamleader zu sein, andererseits ist er zu gut, um bloß den Helfer für die Stars in der Mannschaft zu geben. Immerhin ist er der erste Deutsche, der den Sprung ins „Powerslide World Team“ geschafft hat. Wenn die Chance zum Sieg besteht, darf er loslegen. Dann unterstützen ihn die anderen.

Er will jetzt den nächsten sportlichen Schritt machen. „Ich möchte auch mal um den WM-Titel mitfahren“, sagt Rijhnen. Scott Aldrige soll ihm dabei als Coach helfen, der frühere Weltmeister, der in Berlin sein Abschiedsrennen gibt und in Deutschland arbeitet. Rijhnen steht da nicht unter Druck, er ist Mitglied der Sportfördergruppe Hessen, er studiert, und wenn er die letzte Prüfung bestanden hat, ist er Polizeikommissar.

Aber vorher ist er vor allem Sportler, ein vielseitiger Sportler. Gestern Abend stand er in der Eishalle in Hohenschönhausen und drehte mit der Eisschnelllauf-Nationalmannschaft 50 bis 60 Runden. Felix Rijhnen aus Darmstadt ist auch im B-Kader der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft, spezialisiert auf 1500 Meter und 5000 Meter. Bei der letzten deutschen Meisterschaft belegte er Platz fünf über 5000 Meter. In Hohenschönhausen lief er nur wegen des Gefühls für die Kufen übers Eis, echtes Training war das nicht.

Das echte Eistraining beginnt in zwei Wochen, zwei Tage nach seinem letzten Skate-Rennen in dieser Saison. Da reist er zum Trainingslager nach Inzell. Seit 2008 ist Rijhnen Eisschnellläufer; eigentlich zog er die Schlittschuhe nur an, weil er im Winter auf der Straße nicht skaten konnte. Doch schon nach einem Jahr startete er bei den Junioren-Weltmeisterschaften, ein schneller Aufstieg.

Aber einer mit Nebengeräuschen. Dass Skater auch gute Eisschnellläufer sind, ist nichts Ungewöhnliches, international gibt es dafür viele Beispiele. „Aber in Deutschland tut man sich mit diesem Wechsel sehr schwer“, sagt Rijhnen. In dieser pauschalen Form muss der Satz nicht stimmen. Aber zumindest fühlt er sich immer wieder wie ein Fremdkörper in der Eisschnelllaufszene. Denn die Sommertrainingslager der Eisschnellläufer verpasst Rijhnen, weil er in dieser Zeit skatet. „Dass ich da nicht mitmache, mögen die Trainer nicht so gerne.“

Deshalb sieht er ein „paar Steine, die man mir in den Weg gelegt hat“. Er werde nicht zu Lehrgängen eingeladen, er werde nicht für Junioren-Weltcups nominiert, er werde, anders als gleichaltrige Teamkollegen, nicht in den B-1-Kader eingestuft, sondern eine Kategorie darunter, das alles empfindet er als kleine Nadelstiche. Andererseits ist es schwer, einen zu Lehrgängen einzuladen, der im Sommer lieber skatet. Egal, wer nun Recht hat, der Verband, der Gründe für seine Entscheidungen hat, oder der Skater/Eisschnellläufer Rijhnen mit seinen Klagen, es ist derzeit ein nicht ganz unkompliziertes Verhältnis. Andererseits erschüttert es nicht gleich die Eisschnelllaufszene. Dafür ist Rijhnen auf Kufen sportlich zu wenig bedeutsam. Auf der Straße setzt er mehr Akzente.

Daran wird sich auch erst mal kaum etwas ändern. Sommertraining mit Eis-Kollegen? Das ist derzeit keine Perspektive. „Mein Herz gehört dem Skating.“

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