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Sport: Glücklich im Wind

Beim Neujahrsspringen landet Michael Neumayer sensationell auf Platz drei, Gregor Schlierenzauer gewinnt

Ein dumpfer Handschlag im Auslaufraum beschrieb treffend den Ausgang des Neujahrsspringens von Garmisch- Partenkirchen. Der eine Handschuh gehörte dem Österreicher Thomas Morgenstern, dem siebenmaligen Weltcupsieger dieser Saison und hohen Favoriten auf den Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee. Der andere Handschuh gehörte zu Michael Neumayer, Mitglied der krisengeplagten deutschen Skisprung- Mannschaft. Ihr Handschlag war nur kurz und trotzdem nicht minder symbolträchtig. Denn auf diese Weise gratulierte Thomas Morgenstern Michael Neumayer. Nicht umgekehrt.

Das gestrige Neujahrsspringen hat ein paar überraschende Ergebnisse geliefert. Thomas Morgenstern hat erst zum zweiten Mal in dieser Saison nicht gewonnen, und, noch schlimmer für ihn, mit Platz sechs verlor der Sieger des Auftaktspringens von Oberstdorf auch die Führung in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee. Diese hat sein Landsmann Gregor Schlierenzauer übernommen, der mit seinem zweiten Sprung auf 141 Meter vor 25 000 Zuschauern auf der neuen Großen Olympiaschanze einen neuen Schanzenrekord aufgestellt hat. Platz zwei belegte der Finne Janne Ahonen, dem im ersten Durchgang mit 139 Metern der weiteste Flug gelungen war. Diese drei führen nun auch die Gesamtwertung an. „Ich bin enttäuscht“, sagt Thomas Morgenstern, „der Radius der neuen Schanze hat mir nicht gelegen.“

Platz drei aber, und das war die größte Überraschung des gestrigen Nachmittags, belegte Michael Neumayer. Es war der erste Podestplatz eines deutschen Springers bei der Vierschanzentournee seit drei Jahren. Damals ist Georg Späth in Garmisch-Partenkirchen auf Platz drei gesprungen. „Ich bin total happy“, sagte der 28 Jahre alte Neumayer, „aber ich hatte auch Glück mit dem Wind.“ Nach Platz sieben im ersten Sprung segelte er im zweiten Durchgang auch dank einer glücklichen Aufwindphase mit 135,5 Metern zur drittbesten Weite des Tages. Der Jubel der deutschen Betreuer und der deutschen Zuschauer steigerte sich immer deutlicher, als erst Thomas Morgenstern und später auch der Tscheche Roman Koudelka und der Pole Adam Malysz hinter ihm landeten. Zumal die übrigen deutschen Springer, wie zuletzt gewohnt, nur die hinteren Ränge belegten. Martin Schmitt kam nur auf Platz 19. Georg Späth landete auf Platz 30, Michael Uhrmann kam als 38. erneut nicht in den zweiten Durchgang. Neumayer aber ließ das alles vergessen. Er ist der beständigste deutsche Springer in dieser Saison, und das nach seinem Kreuzbandriss im rechten Knie in der vergangenen Saison. „Das war für das ganze Team ein wichtiges Ergebnis“, sagte der BWL-Student, „ich hoffe, dass es einen Aufschwung gibt.“

Kaum stand das erfreuliche Ergebnis fest, erschien Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Skiverbandes, im Auslaufraum und sagte: „Dieses Ergebnis führt die Trainerdiskussion der letzten beiden Wochen ad absurdum.“ Zuletzt hatte Bundestrainer Peter Rohwein aufgrund der schlechten Ergebnisse heftige Kritik einstecken müssen. Doch Hörmann war sich offenbar auch bewusst, dass ein dritter Platz noch keine Tendenz ist. „Das kann in Innsbruck schon wieder ganz anders aussehen“, sagte er. Sportdirektor Thomas Pfüller sieht es ähnlich. „Man darf jetzt nicht erwarten, dass das so weitergeht, Michael Neumayer ist der einzige deutsche Springer, der in diese Riege hineinspringen kann.“ Neumayer ist nun Fünfter der Gesamtwertung.

Bundestrainer Peter Rohwein kann erleichtert in das dritte Springen der Tournee am 4. Januar in Innsbruck gehen. „Die Diskussion hört jetzt erst einmal auf“, sagte Sportdirektor Pfüller. „Aber das heißt nicht, dass jetzt alles in Butter ist, die Kommunikationsfrage stellt sich nach wie vor.“ Zuletzt hatte sich Stützpunkttrainer Heinz Kuttin über mangelnde Kommunikation mit dem Cheftrainer beschwert. Pfüller hat deshalb nach der Vierschanzentournee einen Klärungstermin anberaumt. An dem Gespräch will er auch nach dem gestrigen Ergebnis festhalten.

Es war das erste Mal, dass Michael Neumayer in einem Weltcup unter die ersten drei gesprungen ist. Ganz anders der viermalige Vierschanzentourneesieger Janne Ahonen. Er stand in Garmisch-Partenkirchen zum 100. Mal auf dem Podium. Gewohnt trocken nahm der Finne diese Marke zur Kenntnis. „Hört sich gut an“, sagte Janne Ahonen, „warum nicht.“

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