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Sport: Glücksbändchen an der Badehose

Von Helen Ruwald Berlin. Eine Minute war noch zu spielen, als Wasserballtrainer Peter Röhle sich auf den Meistertitel vorbereitete und am Beckenrand die rote Windjacke auszog.

Von Helen Ruwald

Berlin. Eine Minute war noch zu spielen, als Wasserballtrainer Peter Röhle sich auf den Meistertitel vorbereitete und am Beckenrand die rote Windjacke auszog. Seine Mannschaft, die Wasserfreunde Spandau 04, würde ihn gleich jubelnd ins Wasser schmeißen, und mit vollgesogener Jacke wollte Röhle nicht im Becken herumpaddeln. Also runter damit. Spandau führte im fünften Finalspiel gegen Waspo Hannover 9:6, die Partie schien gelaufen. Doch der künftige Spandauer Marc Politze brachte Hannover mit zwei Toren wieder heran. Schließlich sah Röhle noch wegen Meckerns Gelb – der Trainer bedankte sich höflich mit einem Diener in Richtung Schiedsrichter. Doch der Titel, der 23., war den Spandauern nicht mehr zu nehmen. 9:8 (4:2, 0:3, 3:1, 2:2) siegten sie im Forumbad, zum dritten Mal hintereinander schlugen sie im Finale Waspo Hannover.

Die Fans, im strömenden Regen ausharrend, skandierten spöttisch „Waspo Leverkusen“, in Anlehnung an die Fußballer von Bayer Leverkusen, die auch regelmäßig Titel verspielen. Röhle flog in Love Parade tauglicher langer Hose – ein Hosenbein lila, eins ockergelb, darauf ein Muster - ins Wasser, während Präsident Hagen Stamm seine Tochter Melanie tröstete, die mit dem Gegner gefiebert hatte. Sie ist die Freundin von Politze, dem nur der Pokal als bester Torjäger der Liga blieb. Und die Aussicht, mit Spandau in der Champions League zu starten.

Die beiden ersten Finalspiele hatte Spandau gewonnen, das dritte und vierte Hannover, wie 2001. „Wir sind stärker und abgeklärter, wir haben nie geglaubt, verlieren zu können“, sagte Thomas Schertwitis, der ebenso zwei Treffer erzielte wie Christian Ingenlath und Marko Savic, der Spieler des Jahres. Patrick Weissinger warf drei Tore. Hannover hatte hochkarätige Chancen - und scheiterte mehrfach allein vor Torwart Alexander Tchigir. Kein Bundesligaspiel hatten die Berliner bis zur Finalserie verloren, dort waren es nach schwachen Auftritten zwei in Folge. Seine Spieler hätten gewonnen, „weil sie den Willen hatten, Meister zu werden“, sagte Röhle, der eben diesen unbedingten Siegeswillen zuvor vermisst hatte. Eindringliche Ansprachen von ihm und Hagen Stamm hatten die Spieler aus ihrer Lethargie gerissen. „Tchigir war Weltklasse und Leistungsträger wie Schertwitis, Weissinger und Savic waren im Gegensatz zu den ersten Spielen stark“, sagte Stamm, der aber auch Kritik äußerte: Trotz des Titels sei einiges „falsch gemacht“ worden. „Die Mannschaft hat in der normalen Serie Höchstleistung gezeigt, da braucht man sie nicht. Man braucht sie, wenn es ums Eingemachte geht.“

Die Leistung hatte zuletzt nicht gestimmt, also vertraute die Mannschaft Glücksbringern. Die zehnjährige Michelle, ein Wasserball-Fan, hatte Bändchen geflochten, die die Betreuer am Handgelenk trugen und einige Spieler an der Badehose. Prompt führten sie nach dem ersten Viertel 4:2. Doch dann wurde es spannend: 4:5 zur Pause, 7:5, 9:6, 9:8. Dass Hannover am Ende noch einmal herankam, ist für Schertwitis ganz normal: „Da ist man mit dem Kopf schon beim Bier.“ Davon gab es reichlich, die Biergläser reichten den Spielern vom Kinn bis zum Bauchnabel.

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