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Sport: Gold und Silber für Oberhof

Die deutschen Langläufer dominieren die Doppelverfolgung bei der Ski-WM: Teichmann siegt vor Angerer

Wären die deutschen Langläufer tatsächlich eine Fußballmannschaft, hätte ein Verteidiger dieses Spiel entschieden. Am Morgen hatten die vier Läufer vom Deutschen Skiverband (DSV) die Startliste der Doppelverfolgung bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Sapporo studiert, dabei stellte Tobias Angerer fest, „dass wir eine Fußballmannschaft sind“. Er selbst ging mit Nummer eins ins Rennen, Axel Teichmann (4) wurde der Startnummer nach zur Defensivkraft, Jens Filbrich (10) war als Spielmacher nominiert und René Sommerfeldt (11) als Stürmer. Und Jochen Behle, folgerte Angerer, „ist unser Bundes-Berti“.

Tatsächlich sind die Langläufer ein Team, wie Angerer versichert, der Teamgeist sei „nicht nur gespielt“. Er klang dann auch vollkommen glaubwürdig, als er nach dem Rennen über 30 Kilometer im Shirahatayama-Stadion bekannte, er freue sich „über Axels Gold mehr als über mein Silber“. Der Kollege hat in den letzten Jahren nicht viel zu feiern gehabt, während Angerer, 29, seit 2005 von Erfolg zu Erfolg gleitet. Da spielte es keine Rolle, sein erstes WM-Gold haarscharf verpasst zu haben. Für Teichmann, 27, der 2003 bereits Weltmeister wurde, wiegt der Titel viel schwerer.

Der Thüringer war in den letzten Jahren im Erfolgsensemble des DSV auf die Rolle der tragischen Figur abonniert. Pünktlich zur Heim-WM 2005 in Oberstdorf suchte ihn ein Infekt heim, von dem er erst am Ende genas – und immerhin noch zweimal Silber gewann. Olympia verpasste er wegen einer Haarwurzelentzündung, im Sommer kostete ihn ein Fußbruch drei Monate, die Tour de Ski beendete er nach zwei Etappen, wieder mal verschnupft. Kurz vor dem Abflug nach Asien kratzte es abermals im Hals, auch leichtes Fieber versetzte Teichmann in Aufregung, doch diesmal war alles anders. Er blieb verschont.

Endlich konnte er bei einem Saisonhöhepunkt wieder sein überragendes Potenzial unter Beweis stellen. Die DSV-Läufer hatten das Rennen kontrolliert und auf dem letzten der 30 Kilometer das Tempo derart verschärft, dass sie fast unter sich waren. Am Ende waren die Spitzenplätze fast vollständig von der Oberhofer Trainingsgruppe besetzt. Lediglich der Italiener Pietro Piller Cottrer verdrängte Filbrich auf Rang vier. Die Jubelszenen waren ergreifend, nur Teichmann machte sich schnell davon. Er fror und wollte ins Warme.

Er weiß, was Gesundheit bedeutet. Den Sieg widmete er seinem Vater, der derzeit im Krankenhaus liegt, und der Freundin, „die so lecker gekocht hat, als ich verletzt war, und meine schlechte Laune ausgehalten hat“. Für seine Verhältnisse ist das schon ein Gefühlsausbruch. Am Freitag hatte er mit Angerer im Teamsprint unglücklich eine Medaille verpasst. Da war ihm der Frust stärker anzumerken war. „Ich male nicht alles so bunt wie der Tobi“, sagt Teichmann.

Am Samstagabend aber schon. Dass es eine Feier geben würde, bestritt Angerer zwar („Japanisches Bier schmeckt nicht so toll“), aber natürlich liefen die Planungen bereits. Erst am Mittwoch sind sie wieder im Einsatz. Das dürfte reichen, schätzt Teichmann, „um auszunüchtern“.

Marc Beyer[Sapporo]

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