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Sport: Goldlos glücklich

Sandra Völker wird Zweite über 100 Meter Rücken und fühlt sich wie eine Siegerin

Von Claus Vetter

Berlin. Die Besiegte fühlte sich wie eine Siegerin. Verständlich. Schließlich hatte Sandra Völker ja nur etwas „dazulernen“ wollen. Ausgerechnet bei einer Schwimm-EM, im Finale über 100 m Rücken. Ergebnis der Lehrstunde in der Halle an der Landsberger Allee war für die 28-jährige Studentin aus Hamburg die Silbermedaille. Überraschungssiegerin wurde in 1:01,40 Minuten Stanislava Komarova aus Russland, zwei Hundertstel vor Völker. Die Dritte auf dem Siegerpodest nahm vergleichsweise emotionslos Bronze entgegen: Antje Buschschulte hatte nach 1:01,56 Minuten angeschlagen, eine halbe Sekunde über ihrer Bestzeit. Es waren die einzigen deutschen Schwimm-Medaillen gestern, und es war der erste Tag ohne Gold für Deutschland bei den Schwimmern. Im Wasserspringen hatten gestern Conny Schmalfuß Silber und Ditte Kotzian Bronze von Dreimeterbrett geholt.

Sandra Völker war während des Rennens blendend aufgelegt und hinterher erst recht. „Klar wollte ich Europameisterin werden“, sagte sie., „aber ich habe das Rennen vor allen Dingen als eines gesehen, wo ich dazulernen kann.“ Dazulernen? Sie war bei 50 Metern nur eine Hundertstelsekunde unter der Weltrekord-Zwischenzeit. Das zeigt aber auch, dass sie am Sonntag über 50 m Rücken die große Favoritin ist. Auf dieser Distanz hält sie mit 28,25 Sekunden den Weltrekord. „Ich bin leider zu schnell angegangen“, sagte die 28-Jährige. „Mein Trainer Dirk Lange hat mir gesagt, dass ich an meinem Stil etwas ändern muss, wenn ich die 100 Meter erfolgreich schwimmen will."

Mark Warnecke muss an seinem Stil nichts ändern, wenn er über 50 m Brust gewinnen will. Er muss nur an seinem Körpergewicht etwas ändern. Er müsste zum Beispiel fünf Kilogramm abnehmen, mindestens. Er wiegt 95 Kilogramm bei 1,87 m Körpergröße. Er ist ein feiner Stilist, wahrscheinlich gibt es auf der Welt keinen perfekteren Brustschwimmer. Es gab allerdings gestern drei Athleten, die schneller durchs Wasser kamen als der Essener. Zum Beispiel Oleg Lisogor. Der Ukrainer schlug nach 27,18 Sekunden an, das bedeutete Weltrekord. Warnecke benötigte 27,93 Sekunden, für eine Medaille reichte das nicht mehr. Er war Vierter, fünf Hundertstelsekunden schneller als Jens Kruppa (Riesa), der als Fünfter anschlug.

Das spannendste Rennen gestern wurde über 200 m Freistil geboten. Am Ende siegte der holländische Doppel-Olympiasieger Pieter van den Hoogenband mit neuem Europarekord (1:44,89). „Die letzten zehn Meter waren verdammt hart“, sagte er. Aber es hatte sich gelohnt. Denn van den Hoogenband blieb zum ersten Mal unter der Grenze von 1:45 Minuten. Das hat vor ihm nur der australische Ausnahmeschwimmer Ian Thorpe geschafft. Und sein nächstes Ziel, wollte ein Journalist wissen? „Eine dicke Currywurst und ein großes Bier“, antwortete Pieter van den Hoogenband.

Franziska van Almsick könnte die Frage nach dem Ziel auch ganz einfach beantworten: Sie will ihr viertes Gold bei dieser EM. Heute findet ihr großes Rennen statt, da steigt das Finale über 200 m Freistil. Auf dieser Strecke hält sie den Weltrekord, hier hält sie die Weltjahresbestzeit und hier will sie ihren Triumphzug bei dieser EM vollenden. Gestern, im Halbfinale, qualifizierte sie sich problemlos für den Endlauf.

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