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Sport: Goldmedaille für die größte Reizfigur

Paolo Bettini gewinnt bei der Rad-WM in Stuttgart das Straßenrennen – wegen des Italieners verzichtete das ZDF auf eine Live-Übertragung

Stuttgart - Schlimmer konnte es für die Funktionäre des Radsport-Weltverbands UCI gestern nicht kommen. Titelverteidiger Paolo Bettini gewann gestern bei der Rad-WM in Stuttgart das Straßen-Rennen. Ausgerechnet der Italiener, der eine Anti-Doping-Ehrenerklärung der UCI nicht unterschreiben wollte und trotzdem starten durfte. Denn wegen Bettini und seiner Weigerung ist gestern der Streit bei der WM eskaliert: Das ZDF hatte kurzfristig beschlossen, das Rennen nicht live zu übertragen. Der Sender reagierte damit auf Bettinis Verhalten.

Nikolaus Brender, der Chefredakteur des ZDF, sagte gestern: „Da die Dopinggeschichte nicht bereinigt ist, mussten wir diese Entscheidung treffen. Wir wollen nur fairen Sport übertragen. Vom Radsportverband muss es klare Regeln und Entscheidungen geben.“ Das ZDF berichtete von dem Rennen nur in einer Aufzeichnung. Ursprünglich war geplant, 15 Minuten des Rennens live zu übertragen. An der Strecke verfolgten mehrere zehntausend Zuschauer bei schönem Wetter den vermeintlichen sportlichen Höhepunkt der WM.

Die Stadt Stuttgart reagierte derweil mit „großer Gelassenheit“ auf die angekündigte Verleumdungs-Klage von Bettini. „Wir warten das ab“, sagte die Stuttgarter Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann am Sonntag. Bettini hatte am Vortag über seinen Anwalt Guido Marangoni eine Klage gegen das Organisationskomitee der Rad-WM, die Stadt Stuttgart und das ZDF angekündigt. Der durch diese „Verleumdungskampagne“ entstandene Schaden sei „ausnehmend hoch“, hatte Bettinis Anwalt gesagt. Eisenmann hatte vor Gericht versucht, Bettinis Start zu verhindern, war aber gescheitert.

Eisenmann sagte, dass die Stadt Stuttgart mit einem Verlust von „700 000 bis eine Million Euro“ durch entgangene Sponsoren- und TV-Gelder rechne. Nach den chaotischen WM-Tagen behalte sich die Ausrichter-Stadt diesbezüglich eine Schadenersatzklage gegen den Radsport-Weltverband UCI vor, betonte die CDU-Politikerin. „Wir müssen sehen, wie hoch der finanzielle Schaden ist.“ Bislang hielt die Stadt WM-Gelder von rund 600 000 Euro an die UCI und rund 75 000 Euro an den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zurück.

Nach der desaströsen, vom Doping-Thema bestimmten Tour de France im Juli hätte sich die Stuttgarter Weltmeisterschafts-Bühne angeboten, eine glaubhafte Kursänderung in der Doping-Politik vorzuführen. Aber diese Wende fand nicht statt – die Funktionäre treten weiter auf der Stelle.

Die Wende zum Besseren scheiterte schon an der Einladungs-Praktik. Obwohl Paolo Bettini und Alejandro Valverde unter Dopingverdacht stehen und Erik Zabels Dopinggeständnis vielen Experten als unglaubhaft erscheint, dürfen alle drei an den Start gehen. „Es werden sicher Fahrer bei der WM am Start sein, die voll sind“, sagte der WM-Fünfte im Zeitfahren, Sebastian Lang. dpa/gol

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