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Severiano Ballesteros

© dpa

Golf: Sein schwierigstes Match

Als Golfprofi hat Severiano Ballesteros 87 Profiturnier-Titel, darunter zwei US-Masters-Siege, errungen. Nun kämpft Spaniens Golflegende gegen einen Gehirntumor.

„Ánimo, Kopf hoch, Seve!“, „Lass dich nicht unterkriegen, den Tumor besiegst du auch!“ Selten hat in Spanien die Nachricht von der Krankheit eines Sportlers für eine solche Welle öffentlichen Mitleids gesorgt. Seit der spanische Golfer Severiano Ballesteros in einem Kommuniqué bekannt gab, dass er an einem Gehirntumor leide, reißt der Strom der Nachrichten und Genesungswünsche nicht mehr ab: Die Telefone seiner Büros sind dauerbesetzt, das Postfach auf seiner Webseite quillt über.

„Nachdem ich meine drei Kinder und ihre Mutter über meine Krankheit unterrichtet habe, möchte ich auch Euch darüber informieren“, schrieb der dreimalige Gewinner der British Open auf seiner Homepage. „Ich habe mich immer denjenigen verbunden gefühlt, die gegen Krankheiten kämpfen mussten, viele davon viel schwerer als meine.“ Nachdem Ballesteros vergangene Woche auf dem Madrider Flughafen Barajas ohnmächtig zusammengebrochen war, war schon seit Tagen über seinen Gesundheitszustand spekuliert worden. Eine Untersuchung im Universitätsklinikum La Paz brachte dann Gewissheit: Severiano Ballesteros leidet an einem zirka fünf Zentimeter großen Tumor. Gestern wurde eine Gewebeentnahme durchgeführt, die klären soll, ob der Tumor bösartig ist und neben der operativen Entfernung noch Strahlen- oder Chemotherapie erfordert. Erst im letzten Jahr hatte der 51-jährige Ballesteros seine Profikarriere beendet. Jahrelange Rückenschmerzen und zuletzt auch Herzrhythmusstörungen zwangen ihn dazu.

87 Profiturnier-Titel, darunter zwei US-Masters-Siege, errang „Seve“ seit 1974. Als Ryder-Cup-Kapitän führte er 1997 das Europa-Team zum Sieg über die USA. Der Kantabrier galt als Spezialist für das Unmögliche: Je schwieriger das Hindernis, desto riskanter und verwegener der Schlag und desto größer die Chance, dass er die Kugel im Loch versenkte. Seine Art zu spielen nannten die einen fantasievoll und verwegen, die anderen dreist. Unvergessen ist Beobachtern der Coup, der Ballesteros 1979 seinen ersten Turniersieg bei den British Open - und den Spitznamen „Car Park Champion“ einbrachte. In der Finalrunde auf Bahn 16 entschloss sich der talentierte Nachwuchsspieler, den Ball über 260 Meter weit ab von der Bahn auf den Parkplatz zu schlagen, die Kugel landete unter einem Auto; „Seve“ nahm daraufhin die für einen solchen Fall im Reglement erlaubte Erleichterung in Anspruch, spielte ein Birdie und gewann das Turnier.

Severiano Ballesteros gilt als genialer Sturkopf. Darauf ist er stolz und erklärt diesen Charakterzug biographisch. Wenn Journalisten ihn danach fragen - und das tun seit über dreißig Jahren alle -, erzählt er gern von seiner Anfangszeit: Wie er als kleiner Junge aus einfachen Verhältnissen sich seinen ersten Schläger aus dem Kopf eines 3-er Eisens und einem Ast bastelte und bei Wind und Wetter mit Steinen am Strand des Atlantikstädtchens spielte; wie er nachts heimlich über den Zaun des Golfplatzes kletterte, wo er als Caddie sein Taschengeld verdiente, um weiter zu trainieren. Für solche Geschichten wird „Seve“ in Spanien geliebt. Zum Symbol wurde er, weil er es als einer der ersten Sportler Spaniens auch jenseits der Grenzen zu Großem brachte. Der Junge aus Kantabrien ließ das Land, das in den späten Siebzigern noch mit dem Mief der langen grauen Franco-Zeit zu kämpfen hatte, etwas bedeutender und glamouröser scheinen. Diese Rolle hat Strahlemann Ballesteros immer genossen.

Zu sehr, sagen manche. Es hätte ihm besser getan, sich früher zurückzuziehen. In den letzten Jahren gelang ihm kaum noch ein gutes Turnier. Doch Aufgeben war „nie meine Sache“, sagte Ballesteros einmal. Und daran wolle er auch jetzt nichts ändern. „Wenn es beim Golfen darum ging, Hindernisse in Angriff zu nehmen, war ich immer einer Besten“, steht auf seiner Homepage. „Und jetzt möchte ich der Beste sein bei diesem wohl schwierigsten Match meines Lebens.“

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