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Ausnahmetalent. So gut wie Martin Kaymer sind kaum andere deutsche Golfspieler in Schwung. Foto: dapd

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Sport: Golf wird sportlicher

In Wannsee wird diskutiert, wie die Aufnahme ins olympische Programm die Sportart verändert.

Berlin - Der Golfsport ist um eine Dimension gewachsen. Man könnte sie „Vision Gold“ nennen, wie jetzt eine Diskussionsveranstaltung im Golf- und Landclub Berlin-Wannsee. Denn beim Golf geht es nun auch um olympische Medaillen, und was das für die Entwicklung der Sportart bedeutet, darüber haben Politiker und Funktionäre debattiert. Zuletzt war Golf vor 112 Jahren olympisch. Seitdem haben sich die Golfer auf Major-Turniere wie das US Masters oder die British Open konzentriert, ihre manchmal komplizierten Spielregeln modifiziert und ihre strikte Unterscheidung zwischen Amateur- und Profisport diskutiert. Für Außenstehende war vieles davon unverständlich. Man könnte auch sagen, die Golfer lebten in einem Kokon. Kontakt zu anderen Sportverbänden oder der Politik suchten sie kaum. Die Quittung für die Eigenbrötlerei erntete der Golfsport hierzulande 2011, als die deutsche Ryder-Cup-Bewerbung auch an der mangelnden Unterstützung der Politik scheiterte. „Die Lehre, die man aus der Ryder- Cup-Bewerbung ziehen musste, war, dass auch ein Sport, der seine Spielstätten ohne öffentlichen Mittel gebaut hat, nicht ohne politische Unterstützung auskommen kann“, sagt der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Kurt-Dieter Grill.

2016 wird nun alles anders: In Rio de Janeiro, so hat das IOC 2009 beschlossen, wird auch Golf am Start sein. Vier Tage werden ein Herren- und ein Damenturnier im üblichen Einzel-Zählspiel ausgetragen. „Für uns ist das ein Meilenstein“, sagt Hans Joachim Nothelfer, Präsident des Deutschen Golf-Verbandes (DGV). Man rückt näher heran an die Leichtathleten, Schwimmer, all die anderen Spitzensportler. Das, so machte Thomas Bach, Vizepräsident des IOC, den Golfern in Wannsee freundlich, aber sehr nachdrücklich klar, sei auch dringend geboten: „Für den Golfsport ist es ein wichtiger Schritt, sich stärker zu integrieren in die Gesellschaft des Sports.“

Es tut sich nun auch etwas: Das System, mit dem Golf bis dato in Deutschland funktionierte, wird auf den Kopf gestellt. Amateure und Profis trainieren ab sofort in einer Eliteförderung gemeinsam und werden bei Turnieren von einem Trainerteam betreut. Spitzenspieler wie Martin Kaymer sind davon ausgenommen. Die Wettspielstruktur für Deutschland wurde neu festgelegt. Statt die deutsche Mannschaftsmeisterschaft wie bisher an nur vier Tagen in Bad Saarow auszutragen, absolvieren die Golfer ab 2013 ähnlich wie Tennis- oder Fußballspieler Ligaspiele mit Play-offs, um den Wettbewerb zu erhöhen. „Wir brauchen eine Spielergeneration, die nachhaltig Erfolge zeigt“, erklärt Präsident Nothelfer, wohl wissend, dass Deutschlands Profinachwuchs derzeit im europäischen Vergleich hinterherläuft.

Uli Zilg, Coach der Herren-Nationalmannschaft, hörte sich in Berlin die Visionen und versteckte Kritik interessiert an. Als Coach des sogenannten Eliteteams ist er derjenige, der in Zukunft Erfolge vorzeigen muss. 400 000 Euro steckt der DGV ab 2013 jährlich in das neue Programm. „Das ermöglicht eine deutlich intensivere Betreuung bei den Turnieren“, sagt Zilg. Erfolge hat das deutsche Golf dringend nötig. Sieht man von Aushängeschildern wie Kaymer, Marcel Siem oder Alexander Cejka ab, ist die Bilanz mäßig. Am vergangenen Wochenende ging mit der British Amateur Championship das wichtigste Amateurturnier Europas über die Bühne. „Das war richtig stark besetzt“, stöhnt Zilg. Elf Deutsche gingen an den Start, nur zwei überstanden den Cut nach zwei Runden, schieden aber im Matchplay schnell aus. Das Fazit nach dem Wochenende in Schottland: Im Moment sind die olympischen Medaillen im Golf tatsächlich vor allem eine Vision.

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