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Sport: Grenzen des Globalen Wie Engländer verhindern, dass ein junger Chinese die Snooker-Weltrangliste durcheinander bringt

Es ist spät geworden in der Snooker-Akademie in Oberhausen, einem kleinen und versteckt gelegenen Klub im Industrieviertel Lirich. Es klickt und klackt nur noch hier und da.

Es ist spät geworden in der Snooker-Akademie in Oberhausen, einem kleinen und versteckt gelegenen Klub im Industrieviertel Lirich. Es klickt und klackt nur noch hier und da. Kurz vor Mitternacht sind fast alle Spieler, die sich hier auf das Snooker-Turnier bei den 7. World Games vorbereiten, schlafen gegangen. Nur Ding Junhui trainiert noch. Präzise stößt der 18-jährige Chinese abwechselnd rote und schwarze Kugeln in die schmalen Taschen, Fehler fast ausgeschlossen. Das Bild am Ende der Partien gleicht sich. Dings Sparringspartner, Abdul Mutalieb Allie aus Südafrika, legt die versenkten Kugeln zurück auf den Tisch – zum Zeichen der Aufgabe. „Well done“, sagt der 31-Jährige. Ding verzieht keine Miene.

Zwar sind die heute beginnenden Wettbewerbe im Bottroper Saalbau lange ausverkauft. Doch der schüchterne Chinese ist der deutschen Sportöffentlichkeit noch unbekannt. In Asien und im Commonwealth zählt Ding jedoch zu den Superstars im Snooker, der Hochart des Billards, seit er im April 2005 in Peking sensationell die China Open gewann – nur zwei Tage nach seinem 18. Geburtstag. Im Finale bezwang er den erfolgreichsten Profi aller Zeiten, den siebenfachen Weltmeister Stephen Hendry aus England. Ding habe Geschichte geschrieben, urteilte die Fachwelt hinterher.

Der rasante Aufstieg Dings wird bei der in Bristol ansässigen World Snooker Association (WSA) allerdings mit Sorge verfolgt. Zwar proklamiert der von Briten beherrschte Dachverband stets, der urenglische Sport müsse sich globalisieren. Doch in Wirklichkeit gilt der Einbruch des Chinesen in die traditionell von Engländern, Schotten und Iren dominierte Weltrangliste als Gefahr. „Peking war ein Schock für viele“, sagt Thomas Hein, Snooker-Sportwart der Deutschen Billard-Union. Die WSA befürchtet, dass die als „very british“ verkaufte Marke Snooker beschädigt wird und Sponsoren weglaufen. Also hat sich die WSA eine extrem konservative Weltrangliste einfallen lassen. Dieses Ranking, in das die zehn wichtigsten Turniere einfließen, wird nur einmal im Jahr aktualisiert und schließt zudem die letzten zwei Jahre ein. Stillstand ist damit garantiert, selbst bei anhaltenden Formkrisen der Stars bleibt deren Setzposition zunächst unangetastet. Und für Newcomer wie Ding ist der Weg in die Elite beschwerlich, weil sie nach der Setzliste schnell auf Stars wie O’Sullivan oder Hendry treffen. So ist Dings nach seinem ersten Jahr als Profi nur auf Platz 42 notiert.

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