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Rehhagel

© AFP

Griechenland: Innovationsgipfel beim König der Antike

Nach dem Aus des Titelverteidigers bei der EM will der griechische Verband mit Trainer Otto Rehhagel über Neuerungen reden

Die Fußball-Welt ist gemein und ungerecht. Keiner weiß das besser als Otto Rehhagel. Also hat der umfassend gebildete Fußball-Lehrer sein definitiv letztes Auditorium dieser EM noch einmal wissen lassen, was im Detail das Böse darstellt: „Die ausrichtende Europäische Fußball-Union Uefa, die uns Trainer bald nicht mehr ins Stadion lässt und die anwesenden Berichterstatter, die nicht wissen, dass wir Griechen Europa nicht schwindlig spielen können.“

Doch diese Griechen wirkten in Wirklichkeit bei drei ernüchternden Auftritten auf dem neuen Naturrasen von Salzburg wie ein Anachronismus. Punktgenau zu Turnierbeginn war der Kader physisch und psychisch am Tiefpunkt, taktisch unreif, technisch unbeholfen. Weil der Machtmensch an der Linie wie in der Antike regiert? In Otto Rehhagels Welt ist kein Platz für Errungenschaften wie Fitness- oder Torwarttrainer, für Spielanalysesysteme oder Laptopschulungen. Das mag gut gehen, spielt man erfolgreich. Angesicht der frappierenden Erfolglosigkeit des Titelverteidigers ist aber auch Verbandspräsident Vassilis Gagatsis ins Grübeln gekommen; er denke an ein Trainerteam, einen Technischen Direktor, sagte Gagatsis nun. Wie es so im modernen Fußball üblich ist. „Wir hatten Otto Rehhagel das vorgeschlagen, er hatte aber gesagt, er braucht das nicht. Wir werden mit ihm darüber reden.“ Vermutlich wird das der Deutsche mit einer Handbewegung vom Tisch fegen. „Es ist doch keine Schande, alle drei Spiele zu verlieren“, sagt Rehhagel. „Was hat man denn gedacht? Dass wir 3:0 gegen Schweden, 4:0 gegen Russland und 6:0 gegen Spanien gewinnen?“ Rehhagel wie er leibt und lebt. Doch nicht einmal sein Zögling Angelos Charisteas vermochte sich über das einzige Turniertor der Entthronten nach dem 1:2 gegen die spielerisch turmhoch überlegene spanische B-Elf am Mittwoch wirklich freuen: „Wir haben gezeigt, dass wir besser spielen können. Leider zu spät“, sagte der Stürmer, der nur noch eine traurige Figur des Helden von vor vier Jahren abgab.

Es kam übrigens auch die Frage auf, ob sich der 69 Jahre alte Nationaltrainer sicher sei, die WM-Qualifikation 2010 mit Griechenland anzugehen. Rehhagel wich wie so oft ins Grundsätzliche aus: „Ich bin jetzt sieben Jahre hier, wir sind auf Platz 93 der Weltrangliste gestartet und bis auf Rang acht geklettert.“ Ansonsten gibt es von ihm auf Zukunftsfragen keine Antworten er will alles sacken lassen, alles analysieren. Aber bitte später.

Hätte übrigens nur noch gefehlt, einer hätte König Otto in dieser Nacht auf eine gehässige Glosse angesprochen, die „Die Presse“ am Spieltag über Griechenlands Kulttrainer unter die Überschrift „Gott färbt sich die Haare“ verpackt hatte. Darin wurde festgestellt, dass sein grauhaariger Torhüter Antonios Nikopolidis, der in seinem 90. und letzten Länderspiel mal keine Panne mit Torfolge einstreute, halb so alt wie Gott Rehakles sei, aber doppelt so alt aussehe. Schlussendlich würde Rehhagel, der importierte Gott aus Deutschland, nach der EM in den Fluss Lethe hüpfen, sich sein Tönungsmittel vom Schwarzhaar lösen und nicht nikopolidisgraues, sondern ein schneeweißes Haupt zum Vorschein kommen. Aber der Essener wird auch davon kaum Notiz genommen haben, da bleibt sich Rehhagel auch mit fast 70 treu. Wie sagte er zum Abschied: „Ihr dürft weiter schreiben, was ihr wollt: Ich lese keine Zeitungen.“

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