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Sport: Große Worte, kleine Taten

Vor einigen Tagen tauchte auf einem Schotterweg ein alter Bus auf. Unions Trainer Georgi Wassilew blickte für einen Moment hinüber.

Vor einigen Tagen tauchte auf einem Schotterweg ein alter Bus auf. Unions Trainer Georgi Wassilew blickte für einen Moment hinüber. Auf dem Hügel über der Stadt Ayia Napa trainieren um diese Jahreszeit viele Mannschaften, so ein Bus zwischen all den Fußballplätzen ist da nichts Außergewöhnliches. Was Wassilew jedoch irritierte, war, wie viele Männer da aus dem Bus stiegen. "Wie viele Mannschaften sind das? Drei?", fragte er. Dann zeigte er auf sein Team. "Ich habe 16 Spieler."

Heiner Bertram, der Präsident des Zweitligisten 1. FC Union, stand nicht am Spielfeldrand. Er war im Urlaub, in der Karibik. Für ihn war diese Botschaft aber bestimmt. Natürlich hatte Trainer Wassilew mehr Profis mit im Trainingslager. Nur eben an jenem Vormittag hatte er nur 16 gesunde Feldspieler. Der Präsident will damit in die Bundesliga. Wassilew sagt: "Vielleicht schafft das ein anderer Trainer, ich nicht."

Wassilew war Trainer der Nationalmannschaft Bulgariens, später Coach der Spitzenklubs in Sofia. Er kennt das Fußballgeschäft, und er macht seinen Job gut. Präsident Bertram, der Geschäftsmann, kümmert sich um einige Hotels, ist Teilhaber mehrerer Autohäuser und gibt manchmal zu, dass er nicht viel Ahnung vom Fußball habe. Bertram ist Vereinsvorsitzender. Da prallen Welten aufeinander. Trainer Wassilew sagt: "Wir müssen andere Voraussetzungen für den Aufstieg schaffen. Mehr Geld, mehr Investitionen und endlich mehr Mut." Das mit dem Bundesligaaufstieg, das wird nichts mit dieser Mannschaft, sagt Wassilew, "da würde ich unsere Fans belügen".

Heiner Bertram sieht das oft anders. Neulich sprach der Präsident von der Bundesliga, vom Aufstieg. Er merkte wohl nicht einmal, wie er seinen Trainer damit unter Druck setzte. Andererseits sagte Bertram: "Wir geben kein Geld für neue Spieler aus." Der Etat wird in der kommenden Saison um eine halbe Million auf 7,2 Millionen Euro steigen. Mit dieser Kalkulation liegt Union im Mittelfeld der Zweiten Liga.

Dennoch, der 1. FC Union würde ohne seinen Präsidenten nicht im Profigeschäft spielen. Der Klub wäre ohne Bertram eher pleite. Bertram hatte den Deal mit der Sportwelt eingefädelt, damit den Verein gerettet. Er hat dem Klub ein sympathisches Image gegeben. Einige Fans nennen ihn aber den "Sonnengott". Weil Bertram seinen Erfolg genießt und oft vor Fernsehkameras tritt.

Das Präsidium soll wissen, was es will, hat Trainer Wassilew im Trainingslager auf Zypern gefordert. Heute kehrt die Mannschaft nach Berlin zurück. Die Prämien der Spieler liegen bei 1250 Mark pro Punkt - bis zum 45. Zähler. Danach gibt es 250 Mark weniger. Logisch erscheint das nicht. "Wir haben ein begrenztes Budget", sagt Bertram. Die Mannschaft sollte erst einmal sicher die Klasse halten. Deshalb zahlt der Verein anfangs die höheren Prämiengelder.

Vor einiger Zeit hatten Fans im Stadion an der Alten Försterei ein Plakat aufgehängt: "Suchen Kapitän und Libero - bieten Präsident mit Porsche." Weil Präsident Bertram die Spieler Jens Härtel und Jörg Schwanke aus dem Verein vergrault haben soll. "Das stimmt nicht", sagt Bertram. Schwanke habe ein finanziell besseres Angebot aus Ahlen gehabt, und "Härtel hat gegen uns Politik gemacht". Gegen den Präsidenten zu argumentieren fällt nicht leicht.

Aus dem jetzigen Kader wird ihm ein angespanntes Verhältnis zu den Spielern Fährmann und Tredup nachgesagt. Bertram bestreitet dies. "Sie haben sportlich einfach keine Chance mehr." Der Vorwurf: Er war es, der beide Spieler einst zu Union holte - nicht der Trainer. "Fast richtig", sagt Bertram, "ich habe alle Spieler geholt. Das wird aber immer mit dem Trainer besprochen." Warum sagt dann Tredup: "Ich gehe nie wieder zu einem Verein, ohne vorher mit dem Trainer gesprochen zu haben"? Bertram hat also doch ohne des Trainers Zustimmung Spieler verpflichtet. Er streitet dies in diesem Fall nicht ab. Aber: "Wir haben auch mit Sixten Veit gesprochen, bevor es der Trainer wusste", sagt Bertram. Trainer Wassilew ist damit nicht immer einverstanden. Jens Tschiedel zum Beispiel stand beim Pokalendspiel gegen Schalke im vergangenen Jahr noch auf dem Platz. Er gilt als ein Talent, das viel zu wenig aus seinen Möglichkeiten gemacht hat. Nach einigen schwachen Szenen, erzählt einer, der auf der Ersatzbank saß, hat sich Wassilew zur Haupttribüne gedreht und geschrien: "Den hast du geholt." Dort oben saß Präsident Bertram. Er hat diese Worte nicht verstanden. Akustisch. Später gibt er zu: "Ich höre zwar erstmals davon, aber es ist möglich, dass es so war."

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