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Schumacher

© ddp

Großer Preis von Bahrain: Auf Speed in der Wüste

Michael Schumacher und Sebastian Vettel tüfteln nach dem Formel-1-Auftakt an ihren Autos herum.

Von Christian Hönicke

„Olé! Olé!“-Rufe hallten durch das palmenbestandene Fahrerlager. Sie kamen aus der Ferrari-Garage; die Roten feierten ihren Doppelsieg durch Fernando Alonso und Felipe Massa beim Formel-1-Saisonauftakt in Bahrain mit südländischer Ausgelassenheit. Zu Michael Schumachers Ohren drang das Gejohle und Gesinge nicht vor. Die waren wie bei seinem Teamkollegen Nico Rosberg und den Mercedes-Technikern von modernen Funkkopfhörern bedeckt. Während sein altes Team feierte, saß das neue Team des Rekordweltmeisters nebenan in seiner Garage. Auf zig Monitoren blinkten Diagramme, und die Crew tüftelte in der Nachbesprechung bereits wieder am Auto herum. Aus gutem Grund.

Bei der mit Spannung erwarteten Rückkehr des einstigen Dominators der Grand-Prix-Szene hatten sich sowohl Pilot als auch Wagen solide präsentiert – aber auch nicht mehr. Der Mercedes erwies sich wie befürchtet als nicht siegfähig, so dass das silberne Tandem Rosberg und Schumacher weit hinter den Ferraris und dem am Ende lahmenden Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel auf den Rängen fünf und sechs ins Ziel fuhr. „Dafür, dass ich drei Jahre komplett draußen war und zur Vorbereitung nicht viel fahren konnte, bin ich sehr, sehr happy und stolz, wie es gelaufen ist“, sagte Schumacher am Tag danach. „Es wäre vermessen anzunehmen, ich käme da hin, setze mich ins Auto und fahre allen um die Ohren.“

Von früheren Glanztaten war der siebenmalige Weltmeister in der Tat noch ein Stück entfernt und fügte sich in ein insgesamt unspektakuläres Rennen. „Es war sein erstes nach drei Jahren, da hat er einmal seine Sensoren entrostet“, sagte sein ehemaliger Kontrahent Gerhard Berger. Dabei hatte der Rückkehrer nach einigen Problemen zu Beginn des Wochenendes schon gegen Ende des Rennens mit seinem Teamkollegen mithalten können. „Er ist dabei, sich wieder auf Speed zu bringen“, sagte Berger. „Wir kennen ihn ja: Er sitzt bestimmt schon irgendwo in einer Ecke und denkt nach, wo er die restliche Zeit finden kann.“

Nachdem er sich mit seinem Wiedereinstand zufrieden erklärt hatte, gab Schumacher tatsächlich sofort die Marschroute vor: „Wir müssen das Auto weiterentwickeln, Red Bull und Ferrari haben definitiv einen Vorteil gegenüber uns. Man kann das Monocoque-Design nicht ändern, aber eine Menge an der Aerodynamik.“

Zum einen erwies sich der Gummiverschleiß der Silberpfeile in der Hitze der Wüste generell als zu hoch. Zum anderen neigt der Mercedes zum Untersteuern, er lenkt schwerer in die Kurven ein, weil die Vorderreifen in dieser Saison schmaler sein müssen. Schumacher aber liebt seit Karttagen die leicht mit der Hinterachse rutschende Variante des Übersteuerns. „Ich will, dass das Auto so um die Kurve fährt, wie ich es will. Da muss ich das Auto noch ein bisschen hinbasteln.“ Die Frage ist, inwieweit das durch das Testverbot während der Saison nur mit Windtunnel- und Computerarbeit überhaupt möglich ist. Schumacher zeigte sich optimistisch: „Ich habe schon größere Abstände zu Saisonbeginn gehabt und am Ende trotzdem noch um die Meisterschaft gekämpft.“ Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug pflichtete ihm bei. Vergangene Saison hätte man im Bunde mit McLaren sogar drei Sekunden aufgeholt, es bestehe also kein Grund zur Panik: „Michael weiß genau, was er zu tun hat, wir auch. Wenn unsere Autos können, was unsere Fahrer können, können wir Weltmeister werden.“

In abgewandelter Form traf dieses Bonmot auch auf Sebastian Vettel zu. In der Red-Bull-Garage wurde ebenfalls emsig getüftelt und geschraubt. Es galt, die Ursache dafür zu finden, warum der 22-Jährige statt eines sicher geglaubten Triumphs am Ende nur Platz vier einfahren konnte. „Eigentlich hätte ich gewinnen müssen“, sagte Vettel. Über zwei Drittel lieferte er mit dem vermutlich schnellsten Auto im Feld eine Vorstellung, die eines WM-Favoriten würdig war. „Ich hatte alles unter Kontrolle, die Strategie, die Reifen. Aber plötzlich hatte ich einfach keinen Dampf mehr auf der Kette.“ Nach der abendlichen Inspektion stellte sich der zunächst angenommene Auspuffbruch schließlich als Zündkerzendefekt heraus.

Schon in der vergangenen Saison war die Defektanfälligkeit, allen voran die der von Renault gelieferten Motoreneinheit, die große Schwachstelle des Red Bull, die Vettel am Ende den Titel kostete. Obwohl in Bahrain auch der Motor seines Stallgefährten Mark Webber schon am Start blauen Dunst ausspie, stemmte er sich mit seinem unerschütterlichen Optimismus gegen die Vermutung eines Déjà-vu-Erlebnisses. „Shit happens“, stellte Vettel lakonisch fest und blickte schon in Richtung des zweiten Saisonrennens nach Melbourne: „Ich glaube, es kommt diese Saison sehr viel Positives.“ Dann holte er sich eine Flasche aus dem Kühlschrank, setzte sich vor die Red-Bull-Garage und trank einen Schluck gegen den Frust. Die akustische Untermalung aus der roten Garage nebenan dürfte ihm den Feierabendtrunk ein wenig verdorben haben.

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