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Sport: Grün-Weiß Nippes statt Real Madrid

Der 1.FC Köln ist ein Opfer hemmungsloser Selbstüberschätzung / Schuster soll Trainer werden KÖLN.

Der 1.FC Köln ist ein Opfer hemmungsloser Selbstüberschätzung / Schuster soll Trainer werden KÖLN.Der Rheinländer an sich und als solcher ist ein Mensch, der zu extremen Gefühlsregungen neigt.Nicht zuletzt gilt das für die Fans des 1.FC Köln, des rheinischsten aller rheinischen Bundesligavereine.Gewinnt der Eff-Zee zweimal in Folge, träumt die Anhängerschaft von Reisen nach Mailand und Madrid, verliert er zweimal hintereinander, so ist dies die Ankündigung des drohenden Weltuntergangs.Am Sonnabend könnte es nun soweit sein.Der 1.FC Köln, Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga, steht vor dem letzten Spieltag auf Platz 17 und hat allenfalls noch theoretische Chancen, der deutschen Eliteklasse auch im 36.Jahr in Folge anzugehören.Dafür kehrt vielleicht eine schillernden Persönlichkeit zurück.Ausgerechnet Bernd Schuster, den sie vor 18 Jahren mit Schimpf und Schande davongejagt haben, soll den 1.FC Köln als Trainer zurück in die Bundesliga führen.Eine Entscheidung über die Nachfolge des glücklosen Lorenz-Günter Köstner soll zwar erst nach dem letzten Saisonspiel gegen Leverkusen bekanntgegeben werden, aber eine Rundfunkstation hat Schuster unter Berufung auf "sicherste Quellen" schon mal als neuen Coach vermeldet.Zur Zeit betreut Schuster noch in der Zweiten Liga den Lokalrivalen Fortuna, wo ihn übrigens sein alter Freund, der frühere Nationaltorhüter Toni Schumacher ersetzen wird.Vor diesem Hintergrund dürfen sich die Fans vom Eff-Zee immerhin darauf freuen, daß es in der nächsten Saison auch erstmals seit dem Pokalfinale 1983 wieder ein offizielles Lokalderby gegen den Duerzweitligisten aus der Kölner Südstadt geben wird.Schumacher wechselte einst auf Geheiß seiner Mutter Helga zum FC."Du mußt zum 1.FC Köln gehen", hat sie gesagt, "das ist ein feiner Verein." Verdammt lang her.Der 1.FC Köln der Saison 1997/98 ist das Opfer hemmungsloser Selbstüberschätzung in Mannschaft und Umfeld geworden.Natürlich haben die Verantwortlichen vor der Saison die Qualifikation für den Europapokal als Ziel ausgegeben.Wie jedes Jahr.Und in Wahrheit ist das noch ein bescheidener Kompromiß - weil der FC nach Ansicht seiner Führung eigentlich um die Meisterschaft mitspielen müßte.Die miserablen Plazierungen sind folglich nichts anderes als einmalige Ausrutscher.Das aber Jahr für Jahr.Kölns Sportdirektor Carl-Heinz Rühl hat nach jeder dürftigen Vorstellung der Mannschaft behauptet, das Team habe bisher "nicht das wahre Leistungsvermögen" gezeigt.Eine gewagte These.Wie immer in den 90er Jahren standen die hohen Ansprüche beim FC in keinem Verhältnis zur tristen Wirklichkeit.Auf die Idee, daß dies an den Ansprüchen liegen könnte und nicht an der Wirklichkeit, scheint Rühl bisher noch nicht gekommen zu sein.Als es vor noch ein paar Wochen so aussah, als ob der 1.FC Köln auch in diesem Jahr wieder mit dem Schrecken davonkommen würde, hat Rühl seine Mannschaft vehement gegen Vorwürfe spielerischer Minderbegabung verteidigt und auf das Beispiel Leverkusen verwiesen: vor zwei Jahren knapp dem Abstieg entkommen, heute auf bestem Wege in die europäische Spitze.Dabei "haben die hier vor einem Jahr vier Stück gekriegt", hat Rühl vor ein paar Wochen gesagt."Vielleicht kriegen die ja wieder vier Stück." Rühl meint so etwas ernst.Am Sonnabend wäre es wieder so weit.Das Traurige aus Kölner Sicht: Selbst ein erneutes 4:0 gegen Leverkusen wie im Mai 97 würde vermutlich nicht mehr reichen.Wie gut nur, daß es das Beispiel Kaiserslautern gibt und alle kommenden Absteiger von einer ähnlichen Karriere träumen dürfen.Gerd Köster, Sänger und Mitglied der bunten kölschen Musikszene, hat gleich gesagt: "Entweder wird der FC in zwei Jahren Meister, oder er spielt in fünf Jahren gegen Grün-Weiß Nippes." STEFAN HERMANNS

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