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Sport: Gut gegen Böse

Von Richard Leipold Oberhausen. Am Ende tanzten die Kieler Fans über das farbenfrohe Parkett der Arena Oberhausen.

Von Richard Leipold

Oberhausen. Am Ende tanzten die Kieler Fans über das farbenfrohe Parkett der Arena Oberhausen. Ihre Lieblingsmannschaft greift nach dem Meistertitel. Das ist - auf den ersten Blick - nichts Besonderes. Die Anhänger und die Profis des THW Kiel sind es seit vielen Jahren gewohnt, bis zum Schluss um die Deutsche Handball-Meisterschaft mitzuspielen, aber der 28:26-Auswärtserfolg über TuSEM Essen erweckte mehr Begeisterung als andere Arbeitssiege dieser Art. Sogar Trainer Zvonimir Serdarusic ging ein wenig aus sich heraus: „Ich arbeite schon lange in der Bundesliga, aber ich habe mich selten so sehr über einen Sieg gefreut.“ Nach diesem Erfolg ist seine Mannschaft die einzige, die Tabellenführer HSG Nordhorn aus eigener Kraft noch überholen kann. Nordhorn führt zwei Runden vor Schluss mit einem Punkt Vorsprung vor Kiel, muss aber an diesem Sonntag in der Ostseehalle antreten.

Die Essener haben dem Europapokalsieger auf dem Parkett alles abverlangt. „Wir mussten 120 Prozent geben, um hier zu gewinnen“, sagte Serdarusic. Essen schmerzte die Niederlage zwar, doch da TuSEM das Startrecht für den Europapokal schon sicher hat, hielt sich die Enttäuschung in Grenzen. Mit Blick auf den Sieger meinte Hans-Dieter Schmitz, der Sportliche Leiter Essens: „Für den deutschen Handball wäre es besser, wenn der THW Meister wird, das andere wäre irregulär.“ Das „andere“ wäre der Titelgewinn der insolventen HSG Nordhorn.

Die Kieler sehen sich als Kämpfer im Dienste der Seriosität. Und Konkurrenten wie Essen oder Lemgo bekunden ihre Sympathie, ohne sich hinter diplomatischen Floskeln zu verschanzen. Wer wie Nordhorn wirtschaftlich weit über seine Verhältnisse gelebt und in erster Instanz keine Lizenz für die nächste Saison bekommen hat, dem gönnen die Konkurrenten den Titel nicht. Mit Geld, das man nicht hat, eine Meistermannschaft zu finanzieren, „das ist Wettbewerbsverzerrung“, sagt Uwe Schwenker, der Manager des THW Kiel. Wer „kurzfristig ein Wolkenkuckucksheim aufbaut“, dürfe am Ende nicht erfolgreich sein. „Es tut mir Leid für den Trainer und die Spieler der HSG Nordhorn. Sie spielen wirklich gut Handball, aber sie dürfen nicht Deutscher Meister werden."

„Es muss nicht immer Kiel sein“, sagt Schwenker, aber in letzter Zeit habe er eine Reihe wohlwollender „Rückmeldungen bekommen mit dem Tenor, der Sport müsse gewinnen". Sogar Fynn Holpert hat sich bei Schwenker gemeldet. Als sich abzeichnete, dass Lemgo es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen kann, schickte der Manager des TBV seinem Kieler Kollegen eine E-Mail mit der Bitte: Werdet bloß Meister. Vor die Wahl zwischen Monotonie und Misswirtschaft gestellt, entscheiden sich Essen und Lemgo für Kiel und rufen den Endspurt der Bundesliga zu einer Art Kampf Gut gegen Böse aus.

Dennoch sieht Schwenker nur eine kleine Chance. „Wir haben mehr als fünfzig Spiele in den Knochen. Gegen Nordhorn und eine Woche später gegen unsere Freunde aus Flensburg werden wir es schwer haben.“ Die Chance sei nicht „so groß, vielleicht dreißig Prozent". Dennoch seien die Spieler hochmotiviert. Das müssen sie auch sein.

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