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Sport: Gute Kontakte, na logo!

Wer das WM-Emblem für 2006 verantwortet – und warum es keine Ausschreibung gab

Gelsenkirchen. Der Chef war zufrieden. Joseph Blatter, der Präsident des Fußballweltverbandes Fifa, sagte, er habe sich nicht vorstellen können, dass „sich die konservative Fifa zu so etwas Lustigem und Listigem“ würde durchringen können. Laut PR-Papier trägt das Logo für die WM 2006 „Freude, Heiterkeit und Emotionen“ als Botschaft in sich.

Doch es gab auch andere Meinungen. Knuth Hornbogen von der führenden Designzeitschrift „Form“ staunte, als er das WM–Logo zum ersten Mal sah. Die Kreise mit dem eingemalten Grinsen hatten ihn erschüttert. Der Grafikexperte sagte: „Gestalterisch ist dieses Logo ein Desaster.“ Er vermisse daran eine wirkliche Idee und Abstraktionsvermögen. Außerdem sagte der Mann von „Form“: „Die Farben sind ganz und gar nicht fröhlich.“ In seiner Zeitung, so viel steht schon fest, wird dieses Logo verrissen.

Aus dem Ausland gab es derweil die erste kritische Stimme. Die größte Zeitung Brasiliens, „O Globo“ machte sich über das WM-Logo lustig. „Schaut euch nur diese kleinen Gesichter an“, schrieb Starkolumnist Ancelmo Gois. „Sie sehen aus wie die am häufigsten vorkommenden Versionen der Ecstasy-Pillen.“

Kreiert worden ist das Logo von einer deutsch-englischen Produktionsfirma. Die Fifa hatte, wie schon für das Turnier 1998 und 2002, die Londoner Agentur Whitestone mit der Entwicklung des Logos betraut, aber auch das Organisations-Komitee für die WM wollte seinen Teil dazu beitragen. Sie beauftrage die Agentur Abold aus München, „kreativ an der Gestaltung des Logos mitzuarbeiten“, wie es im PR-Heft heißt. Agenturchef Andreas Abold sagt: „In dem Logo kommt die naive Freude der Fans zum Ausdruck.“ Naiv ist offenbar auch die Nachfrage nach einem Wettbewerb oder gar einer Ausschreibung für das Logo. „So etwas hat es nicht gegeben“, sagt Abold. Die Entwicklung hat seiner Auskunft nach „einen relevanten sechsstelligen Betrag in Euro“ gekostet.

Zuständig ist Fedor Radmann, Franz Beckenbauers Vize im WM-Organisationskomitee. Radmann hat sich in den Achtzigerjahren bei der Sportartikelfirma Adidas gute Kontakte erarbeitet. Radmann war auch der wichtigste Strippenzieher, als es darum ging, die WM nach Deutschland zu holen. Die Agentur Abold hatte schon das erste Bundesliga-Logo entwickelt und die Kampagne „Keine Macht den Drogen“ begleitet. „Den Kontakt zum Deutschen Fußball-Bund gibt es schon seit 1990“, sagt Abold.

Er kann sich offenbar auf die Münchner Netzwerke verlassen, wie die Website seiner Agentur dokumentiert. Inhaber der dort angegebenen Kunden-Firma S & K Marketing ist Radmann, auch mit anderen Gesellschaften ist Radmann verwoben. Bei der Sponsoringagentur CWL war er zeitweise Geschäftsführer der Dependance in München. Außerdem war Radmann früher auch einmal Kurdirektor in Berchtesgaden. Auch für den Kurort entwickelte Abold das Logo. Heute leitet Radmann als graue Eminenz im Organisationskomitee die Abteilung Marketing, Kultur & Services. Mit Abold hat er einen Kooperationsvertrag für das visuelle Erscheinungsbild der WM 2006 abgeschlossen. Das Logo, steht zu vermuten, wird nicht die letzte Versilberung guter Kontakte bleiben.

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