zum Hauptinhalt
Exzellente Deckung. Die Deutschen stellten die dänischen Distanzwerfer um Ausnahmekönner Mikkel Hansen (M.) mit abwechselnden Systemen vor große Probleme.

© imago/Camera 4

Update

"Haben der Welt gezeigt, wie gut wir sind": Deutschland erreicht das Halbfinale der Handball-EM

Eine toll eingestellte deutsche Handball-Nationalmannschaft wirft Favorit Dänemark aus dem Turnier und trifft im Halbfinale der Europameisterschaft am Freitag nun auf Norwegen.

Finn Lemke hatte sogar die Fähigkeit zu sprechen eingebüßt, laufen ging gerade noch so. „Tschuldigung“, sagte der Abwehrchef der Handball-Nationalmannschaft und wankte durch die Mixed Zone: „Heute leider nicht.“ Dabei hätte er sich sicherlich gern geäußert zu dieser Sensation, die sich gerade in der Jahrhunderthalle von Breslau ereignet hatte, aber: er konnte nicht mehr, Lemkes Akku war komplett leer, trotz dieses überwältigenden Sieges. Oder gerade deswegen.

Nach einem 25:23 (12:13)-Erfolg im letzten Hauptrundenspiel gegen Turnierfavorit Dänemark stehen Lemke und das deutsche Team bei der EM in Polen im Halbfinale. Gegner im Spiel um den Einzug ins Finale ist am Freitag in Krakau ist Norwegen. Das andere Semifinale bestreiten Spanien und Kroatien.

„Ich bin wahnsinnig stolz auf diese Jungs“, sagte Bundestrainer Dagur Sigurdsson, „das heute war der Höhepunkt.“ Und Torhüter Andreas Wolff, der erneut stark gehalten hatte, jubilierte: „Wir haben der Welt gezeigt, wie gut wir sind. Ich glaube, dass nun keiner gern gegen uns spielt.“

Trotz der großen Bedeutung des Spiels hatte sich der Optimismus bei beiden Teams vor dem Anpfiff noch in Grenzen gehalten; bei den Deutschen, weil sich zu ihrem ohnehin ersatzgeschwächten Kader mit Kapitän Steffen Weinhold und Christian Dissinger zwei weitere Schlüsselspieler verletzt hatten, und bei den Dänen, weil sie keine 24 Stunden zuvor schon einmal an selber Stelle gegen Schweden (28:28) angetreten waren – eine seltsame Belohnung dafür, dass sie ihre Vorrundengruppe souverän als Tabellenerster abgeschlossen hatten. Trainer Gudmundur Gudmundsson wollte diesen Fakt aber nicht als Entschuldigung gelten lassen, zumal er damit die grandiose Leistung des Gegners geschmälert hätte. „Wir haben über weite Strecken wirklich gut gespielt“, sagte der Isländer, „am Ende hat uns einfach das Glück gefehlt.“

In den letzten sieben Minuten erzielten die Dänen keinen Treffer mehr

Es bleibt spekulativ, ob es am erhöhten Kräfteverschleiß der Dänen lag, in jedem Fall hielten die Deutschen von Beginn an erstaunlich gut mit gegen die so breit und gut besetzten Nordeuropäer – trotz der personellen Umstellungen auf drei Positionen, zu denen Bundestrainer Sigurdsson nach den neuerlichen Ausfällen gezwungen war. So durfte Fabian Wiede im rechten Rückraum beginnen, die Spielgestaltung übernahm Martin Strobel von Steffen Fäth, der wiederum auf die linke Rückraumposition wechselte. Auf den Spielfluss wirkte sich die Rotation allerdings nicht negativ aus, im Gegenteil. Wiede (5 Treffer) und Fäth (6) waren sofort präsent und sollten sich später als die prägenden Rückraumspieler der Partie erweisen. Aber auch ihre Nebenleute assistierten ihnen unbekümmert und entschlossen.

„Wir waren super eingestellt und haben von der ersten Minute an uns geglaubt“, sagte Defensivspezialist Hendrik Pekeler. Vor allem stellten die Deutschen die dänischen Distanzwerfer um Ausnahmekönner Mikkel Hansen mit abwechselnden Abwehrsystemen vor große Probleme. Hansen fand in der ersten Halbzeit zwar noch regelmäßig kleine Lücken im gegnerischen Defensivverbund und nutzte diese zu einigen Treffern, später gelang ihm aber nicht mehr viel. „In der Halbzeit war es noch extrem knapp, da wusste ich: Wir haben die Dänen jetzt da, wo wir sie haben wollen. Sie haben angefangen zu grübeln“, sagte Pekeler.

Nach dem Seitenwechsel (12:13) sahen 6000 Zuschauer in der ausverkauften Arena ein ebenso hochklassiges wie dramatisches Handballspiel, in dem sich bis weit in die Schlussphase kein Team entscheidend absetzen konnte, obwohl die Führung x-mal hin- und herwechselte. Am Ende konnten sich die Deutschen wieder einmal auf ihre exzellente Deckung verlassen, in den letzten sieben Minuten erzielten die Dänen keinen einzigen Treffer mehr. Trainer Gudmundur Gudmundsson kassierte zudem drei Minuten vor dem Ende eine Zeitstrafe, weil er an der Seitenlinie exzessiv mit den Unparteiischen geschimpft hatte. Den folgenden numerischen Vorteil spielten die Deutschen im Stile einer cleveren Mannschaft von internationalem Format aus. Tobias Reichmann und Fabian Wiede erzielten die letzten beiden Treffer der Partie zum 25:23-Endstand.

Folgen Sie der Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false