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Kaum einer fliegt auf Wolfsburg. Die Mannschaft um Ken Magowan (vorn) dominierte die Vorrunde und warf die Kölner Haie locker aus den Play-offs. Dennoch hat die Wolfsburger Eisarena den schlechtesten Zuschauerschnitt der DEL. Foto: p-a/Eibner-Presse

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Sport: Häme und leere Ränge

Der EHC Wolfsburg steht als erstes DEL-Team im Play-off-Halbfinale. Die Heimspiele des Eishockey-Klubs interessieren allerdings kaum jemanden. Der erste Meistertitel soll das ändern

Von Katrin Schulze

Berlin - Gelangweilt haben sie sich in Wolfsburg ganz bestimmt nicht. Aber entspannt, und vielleicht haben sie es auch ein bisschen genossen, wie sich alle anderen gegenseitig mürbe spielten. Während sechs Teams gestern Abend nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch eifrig um den Einzug ins Halbfinale kämpften, regenerierte sich der EHC Wolfsburg jedenfalls schon. Ein Luxus, den die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) für all jene Mannschaften parat hält, die besonders früh alles klar machen, am Sonntag hatte der EHC die Kölner Haie aus dem Wettbewerb geworfen. „Der erste Schritt war das“, sagt Ken Magowan, der seine Mannschaft im letzten Viertelfinalspiel mit vier Toren sozusagen im Alleingang in die nächste Runde beförderte. „Wir müssen unseren Weg jetzt weiter gehen.“

Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass der Weg des EHC Wolfsburg noch ein gutes Stück weiter geht, so unbeeindruckt wie sich der Klub in dieser Saison bisher durch die Arenen dieses Landes gesiegt hat. Dem ersten Platz nach 52 Hauptrundenspielen folgte eine Serie ohne eine Niederlage in der ersten Play-off-Runde. Also das, was allen anderen Qualifikanten nicht glückte; auch nicht den Eisbären aus Berlin. Mit so einer Bilanz macht man sich schnell zum vordersten Anwärter auf die Meistertrophäe – es wäre die erste für die Niedersachsen. Und natürlich kommt er jetzt, der Vergleich mit dem VfL Wolfsburg. Diesem Klub, der vor zwei Jahren die Fußball-Bundesliga durcheinander brachte und es unter so manchem argwöhnischem Blick bis zum Titel schaffte. Die Parallelen zum Fußballverein erscheinen naheliegend, wird doch auch das Eishockeyteam vom Wolfsburger Automobilkonzern VW und dessen Tochter Skoda protegiert. Für fähige Profis gibt es da trotz eines angeblichen Etats im Ligamittelmaß gerne mal ein paar Euro mehr, auch wenn man längst nicht an die Dimensionen des VfL heranreicht.

Um finanzielle Unterstützung braucht sich der EHC nicht zu sorgen, um interessierte Gäste schon eher. Selbst dem Wolfsburger Manager Karl-Heinz Fliegauf sind die Zuschauerzahlen des aktuell besten deutschen Eishockeyteams „etwas peinlich“. 2500 Menschen wollten die Spiele der Wolfsburger im Schnitt während der Hauptrunde sehen, in den Play-offs waren es zwar 500 mehr, damit allerdings immer noch weniger als bei jeder anderen DEL-Mannschaft. Dass Fliegauf deswegen nun wie sein Pendant von den Hannover Scorpions in einem offenen Brief um mehr Resonanz bettelt, ist nicht vorgesehen. Aber immerhin gesteht der Manager, dass sein Verein „mit solchen Kulissen zu Recht auf die Schippe genommen wird“.

Und tatsächlich blieb die Häme der Konkurrenz in Richtung Niedersachsen nicht aus. Aus Nordrhein-Westfalen kam sie von Moritz Müller. „Da gehört die Schale auf keinen Fall hin“, gab der Kölner Spieler zu Protokoll, übersah dabei jedoch womöglich, dass der Gewinn der Schale, die in Wahrheit ein Pott ist, im Prinzip nur das Resultat einer logischen Entwicklung wäre. Kontinuierlich ging es mit den Wolfsburgern nach dem Aufstieg im Jahr 2007 aufwärts: Im ersten DEL-Jahr wurden sie 13., danach Siebter, und in der zurückliegenden Saison scheiterten sie erst im Halbfinale.

Doch wie hat sich dieser vermeintlich unscheinbare Klub eigentlich so weit nach vorne gemogelt? Fragt man Karl-Heinz Fliegauf, dann ist von einer „guten Kaderplanung“ die Rede: „Bei uns stimmt die Mischung aus Häuptlingen und Indianern.“ Ein gutes Team allein allerdings bringt noch keine Fans, das weiß auch der EHC-Manager. „Wir wissen, dass wir eine junge Organisation sind und keine Tradition wie die Kölner Haie haben“, sagt Karl-Heinz Fliegauf. „Die müssen wir uns erst erkämpfen.“ Die deutsche Meisterschaft des Jahres 2010/2011 wäre dabei ein guter Anfang.

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