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Gebeugt vor der deutschen Bank. Bundestrainer Heiner Brand quittiert die Niederlage auf seine Weise. Foto: AFP

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Sport: Hängende Köpfe statt Halbfinale

Deutschlands Handballer verlieren gegen Ungarn 25:27 und müssen nun sogar um Olympia bangen

Manch ein deutscher Handballer ging wortlos in die Kabine, den Kopf gesenkt, die Augen glasig. Andere standen zwar Rede und Antwort, aber niemand hatte eine Erklärung für die 25:27 (12:10)-Niederlage gegen Ungarn im zweiten Hauptrundenspiel bei der WM in Schweden. „Ich verstehe es nicht“, stammelte Torwart Johannes Bitter (HSV), der beste deutsche Profi an diesem Tag, „ich verstehe es einfach nicht.“ Diese Niederlage stürzt die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in große Nöte, denn mit 2:6-Punkten verpasste sie nicht nur das Halbfinale. Man ist nun auch auf Schützenhilfe angewiesen, um noch den siebten Platz zu erreichen, der zur Teilnahme an einem Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele 2012 berechtigt.

„Ich bin natürlich sehr enttäuscht. Aber wenn man die Sache realistisch sieht, haben wir im Angriff nie zu unserem Spiel gefunden“, sagte Heiner Brand, der eine der dunkelsten Stunden seiner 14-jährigen Amtszeit erlebte. Der 58-Jährige Bundestrainer nannte Konzentrationsschwächen, technische Fehler und mangelnde Beweglichkeit als Gründe für den erneuten Rückschlag: „Alles häufte sich.“ Als Kapitän Pascal Hens (HSV) seine Worte wiedergefunden hatte, sagte der Hamburger: „Es lief nichts zusammen. Mit solch einer Fehlerquote können wir nicht erwarten, dass wir bei einer WM ein Spiel gewinnen.“

In den letzten Jahren spielten die Deutschen, um es mit dem Schriftsteller Max Goldt zu sagen, gern gegen Ungarn, obwohl es sprachlich reizvoller wäre zu sagen, man spiele ungern gegen Ungarn. Die Spielweise der Magyaren liegt ihnen eigentlich. Doch wer gehofft hätte, die Deutschen würden in der nur halbvollen Kinnarps-Arena nahtlos an ihren fulminanten Auftritt gegen Island anknüpfen, der wurde enttäuscht. Vielmehr setzte das Brand-Team jenen unfassbaren Jojo-Handball fort, den sie bislang bei dem Turnier in Schweden gezeigt hatten.

Zunächst verfielen die deutschen Angreifer in Hektik, obwohl die ungarische 6:0-Deckung keineswegs die Klasse der Franzosen darstellt. Ungarns Keeper Nandor Fazekas freute sich sichtlich über die überhasteten deutschen Würfe, und Brand, tiefe Furchen auf der Stirn, nahm beim Stand von 1:4 schon nach sieben Minuten die erste überfällige Auszeit. „Ich habe den Eindruck, dass die Mannschaft das spielt, was ich ihr in den Auszeiten mitgebe“, hatte der Brand am Tag zuvor gesagt, und tatsächlich: Nach einem 6:0-Lauf in sechs Minuten führte der Weltmeister von 2007 mit 7:4 (13.), die Ruhe war zurückgekehrt, die katastrophale Startphase schien repariert. Doch das war ein Trugschluss. Die deutsche Mannschaft ist in dieser Formation einfach nicht stabil genug, sie verfiel in die alten Muster. Und dennoch lag sie absurderweise zur Pause mit 12:10 in Front.

Doch auch diese Führung beruhigte die Nerven keineswegs. Der deutsche Angriff rannte sich immer wieder an der aggressiven Deckung der Ungarn fest. Als die Ungarn bald zum 14:14 (39.) ausglichen und beim 19:17 (49.) sogar mit zwei Toren in Führung gingen, brach das deutsche Angriffsspiel zusammen. Zwar bot sich 90 Sekunden vor Schluss die Chance zum Ausgleich, doch sie wurde vertan.

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