zum Hauptinhalt
Flinke Füße. Sabrina Mockenhaupt gewann 2009 Berlins Halbmarathon. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Sport: Häschen mit Ausdauer

Berlin - Als Sabrina Mockenhaupt vor einigen Wochen beim Hallenmeeting in Stuttgart neben einigen Afrikanerinnen am Start des 3000-Meter-Rennens stand, schaute sie einmal kurz an sich herunter, nannte sich dann eine „Wuchtbrumme“ und sagte ihren Fettpölsterchen den Kampf an. Das klingt nach einem emotionalen Drama.

Berlin - Als Sabrina Mockenhaupt vor einigen Wochen beim Hallenmeeting in Stuttgart neben einigen Afrikanerinnen am Start des 3000-Meter-Rennens stand, schaute sie einmal kurz an sich herunter, nannte sich dann eine „Wuchtbrumme“ und sagte ihren Fettpölsterchen den Kampf an.

Das klingt nach einem emotionalen Drama. Doch das Schöne an Mockenhaupts Geschichten ist, dass am Ende alles nicht so schlimm kommt. „Meine Mutter und ich essen viel Sahne“, erzählt sie zwei Sätze weiter und schiebt noch hinterher, dass ihr Vater schon gar nicht mehr mit ihren Portionen mithalten kann.

Wuchtbrumme Mockenhaupt. So weit kommt es noch. Sie wiegt 45 Kilo. Und eigentlich hatte sie erzählen wollen, dass sie jetzt mit einem Ernährungsberater zusammenarbeitet und etwas weniger Kohlenhydrate isst, damit sie zum Beispiel am Sonntag beim Halbmarathon in Berlin schneller laufen kann (Start circa 10.45 Uhr an der Schlossbrücke, Unter den Linden).

Beim Geschichtenerzählen hat Mockenhaupt auf jeden Fall genauso viel Ausdauer wie auf der Strecke, also eine ganze Menge, denn zusammen mit Irina Mikitenko ist Mockenhaupt die beste deutsche Langstreckenläuferin. Ihre größte Zeit hat sie sogar wohl noch vor sich, denn sie ist erst 29 Jahre alt und hat trotzdem schon im vergangenen Jahr den Halbmarathon in Berlin mit der beeindruckenden Zeit von 68:45 Minuten gewonnen. „Ich kann immer noch nicht richtig glauben, dass ich diese Zeit geschafft habe“, sagt Mockenhaupt. Diesmal will sie es etwas langsamer angehen lassen und peilt etwa 69 Minuten an.

Der Halbmarathon in Berlin ist für sie ein Saisonhöhepunkt, aber zugleich ein Vorlauf. Nach ihrem Start bei der Europameisterschaft über 10 000 Meter im August in Barcelona will sie im Herbst noch einen Marathon laufen. Mit einem besonderen Ziel: schneller zu sein als ihr Vater. Dessen Bestzeit steht bei 2:24:59 Stunden, ihre eigene bei 2:26:22. Mit flinken Beinen allein wird sie das nicht schaffen. „Im Marathon musst du noch erwachsener werden“, hat sie sich gesagt, auch weil sie weiß, dass sie manchmal noch über ihre Emotionen stolpert. Im richtigen Moment das richtige Tempo zu wählen, diese Kunst will Mockenhaupt noch lernen.

Ihren Lebensstil habe sie aber dem einer professionellen Marathonläuferin angepasst. „Ich glaube, ich war im vergangenen Jahr nur einmal in der Disco.“ Obwohl sie doch eigentlich eine rheinische Feierexpertin ist. Als nach ihrer Ankunft am Freitag der Berliner Halbmarathon-Renndirektor Mark Milde bei ihren Erzählungen ungläubig die Augenbrauen hochzieht, sagt sie: „Ach komm, ihr habt mich doch im vergangenen Jahr noch überreden müssen, dass ich zu eurer Party komme.“ Sie sei eben ruhiger geworden.

Vor fünf Jahren noch, nach einem Rennen bei der WM in Helsinki, wollte sie auf einmal ihre Leistung verteidigen und machte daraus einen drollig-dramatischen Auftritt. Sie schluchzte: „Die Leute freuen sich doch, wenn sie im Wald so ein kleines Häschen wie mich laufen sehen.“ Mockenhaupt hüpft ganz gerne hin und her, mal zwischen Wuchtbrumme und Häschen. Oder auch zwischen mittleren und längeren Strecken. Sie startet mal auf der Bahn, mal auf der Straße, und weil ihr alle Wettkämpfe Spaß machen, scheint ihre Lieblingsstrecke immer die zu sein, die sie gerade läuft. „Vielleicht sage ich in zehn Jahren, ich laufe nur noch Marathon.“ Aber im Moment noch nicht, dazu falle es ihr viel zu schwer, sich ein halbes Jahr nur auf einen Lauf vorzubereiten. Mockenhaupt entschied sich sogar, vier Wochen nach der WM im vergangenen August in Berlin einen weiteren Marathon zu laufen. Dabei werden mindestens sechs Wochen Pause empfohlen. Mockenhaupt lief trotzdem und erreichte beide Male eine Zeit von 2:30 Stunden.

Nach Berlin ist sie mit einer guten, aber keineswegs üppigen Vorbereitung gekommen. Zuletzt hatte sie bei der Bundeswehr ihren Lehrgang zum Feldwebel gemacht, mit Zeltaufbau und Feuermachen. 150 Kilometer legte sie vor kurzem in der Woche zurück, vor der WM waren es bis zu 206. Es werden wieder mehr. „Ich glaube, dass ich noch nicht alles gezeigt habe.“ Mockenhaupt ist eine talentierte Läuferin und lustige Erzählerin. Nur beides auf einmal geht nicht. „Es gibt zwei Jungs, die mit mir trainieren wollen“, sagt sie, „aber denen gehe ich manchmal aus dem Weg. Die wollen immer nur quatschen.“

Seite 13

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false