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Wimbledon - Philipp Kohlschreiber

© dpa

Halbfinale in Spanien: Das deutsche Davis-Cup-Team ist nur Außenseiter

Temperaturen um 35 Grad, lange Ballwechsel auf ungeliebter roter Asche und 13.000 Zuschauer in einer Stierkampfarena erwarten die Deutschen in Marbella. Und ein spanisches Team, das auch ohne Rafael Nadal sehr gut besetzt ist.

Berlin - Philipp Kohlschreiber hatte schon einmal die richtige Metapher parat. „Manchmal gewinnt der Torero – und manchmal der Stier“, sagte der Anführer der deutschen Davis-Cup-Mannschaft, offenbar schon in der passenden Stimmung für die heute beginnende Halbfinalbegegnung in Spanien. Schließlich wird in einer Stierkampfarena in Puerto Banus, einem Vorort von Marbella, gespielt. Patrik Kühnen formulierte die Ausgangssituation der Deutschen dann etwas weniger blumig: „Natürlich sind wir die Außenseiter, aber im Tennis setzen sich ja bekanntlich nicht immer die Favoriten durch.“ Alles andere als ein Sieg der schier übermächtigen Toreros aus Spanien wäre noch vor einigen Wochen einer Sensation gleichgekommen. Doch kurz vor Beginn der Begegnung an der Costa del Sol ist die Lage nicht mehr ganz so aussichtslos für den vermeintlich schwächeren Stier.

Dass plötzlich der Zipfel einer Chance da zu sein scheint, hat vor allem mit den Absagen der spanischen Stars zu tun. Dass der kürzlich von Roger Federer von der Spitze der Weltrangliste verdrängte Rafael Nadal nicht antreten würde, war schon länger klar. Nach Wimbledon musste der 23-Jährige schweren Herzens auch seine Teilnahme am Davis-Cup absagen, da er immer noch Knieprobleme hat. Am Dienstag gab der Mallorquiner gar bekannt, an ein Comeback sei in nächster Zukunft erst einmal nicht zu denken. Zu Beginn der Woche erreichte die Spanier eine weitere schlechte Nachricht: Auch die Nummer zwei, David Ferrer, fällt mit einem Muskelfaserriss im linken Oberschenkel aus.

Die Ankündigung von Spaniens Teamchef Albert Costa, man dürfe die Deutschen nicht unterschätzen, ist aber dennoch eher als Geste der Gastfreundschaft zu interpretieren. In dem Weltranglistenneunten Fernando Verdasco, dem Vierzehnten Tommy Robredo, Feliciano Lopez und dem nachnominierten ehemaligen French-Open-Sieger Juan Carlos Ferrero haben die Spanier trotzdem ein sehr starkes Team.

Und dann sind da ja noch ein paar äußere Bedingungen. Mit Temperaturen um die 35 Grad werden „spanische Verhältnisse“ erwartet. Das heißt langsame Bälle, lange Ballwechsel, kaum freie Punkte, und das alles selbstverständlich auf der von den Deutschen eher weniger favorisierten roten Asche. 13 000 Zuschauer fasst die Stierkampfarena – und die werden sich bemerkbar machen, Hitze hin oder her. Wie das aussehen kann, haben die Deutschen 2008 in Bremen zu spüren bekommen, als Deutschland im Viertelfinale auf die späteren Cup-Gewinner aus Spanien traf. Die wenig extrovertierten deutschen Fans sahen sich einer Gruppe von nur circa 200 mitgereisten spanischen Fans gegenüber, die ausgestattet mit Trompeten, rot-gelb- roten Fahnen und anderen Accessoires, durch Durchhaltevermögen in der Sangeskunst und permanente „olé“-Rufe imponierten und so die Angelegenheit beinahe zum Auswärtsspiel machten. Spanien gewann damals 4:1. „Die Rolle der Herausforderer kennen wir ja schon, damit können wir gut leben“, sagte Kühnen, der die Aufstellung für die ersten Einzel (ab 13 Uhr, live im DSF) seiner Gewohnheit entsprechend zunächst offen ließ. Sicher ist wohl, dass Philipp Kohlschreiber beide Einzel spielen wird, wahrscheinlich wird Kühnen im zweiten Einzel auf die Erfahrung von Nicolas Kiefer setzen. Außerdem sind die Davis-Cup-Neulinge Andreas Beck, der das erste Einzel gegen Verdasco bestreiten wird, und Mischa Zverev mit nach Marbella gereist. Bei ihnen wird sich die Frage der Nervenstärke stellen.

Der nach dem Halbfinaleinzug in Wimbledon wieder unter den besten 20 der Welt geführte Thomas Haas ist nicht im Team. Der 31-Jährige verzichtete trotz zuletzt guter Ergebnisse auf Sand auf einen Einsatz. Ganz hat er das Thema Davis-Cup dennoch noch nicht abgeschlossen. In der Sendung „Blickpunkt Sport“ des Bayerischen Rundfunks sagte der Hamburger: „Man muss sich nur die richtige Partie aussuchen.“ Den spanischen Sand fand er da wohl wenig einladend.

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