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Vanessa Low holte die Goldmedaille im Weitsprung.

© dpa

Halbzeit-Bilanz der Paralympics: Bergfest mit ein paar Miesmachern

Zur Halbzeit der Paralympics sieht die Bilanz der deutschen Mannschaft ordentlich aus – obwohl es Enttäuschungen gab.

Von Ronja Ringelstein

Besser zu sein als alle anderen – und besser zu sein, als man selbst je war: das höchste Ziel für Sportler. Leichtathletin Vanessa Low hat sich diesen Traum im Weitsprung nun erfüllt. Am Samstag gewann sie ihre erste paralympische Goldmedaille und konnte so als eine der ersten deutschen Hoffnungsträgerinnen bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro Erfolge feiern.

Inzwischen ist Wettkampf-Halbzeit – und das deutsche Team steht auf Platz zehn im Medaillenspiegel. Konkrete Zielvorgaben gab es zwar nicht, Referenzgröße dürfte aber das Abschneiden in London sein: Vor vier Jahren lagen die Deutschen am Ende auf Platz acht. Am chinesischen Team ist ohnehin kaum ein Vorbeikommen. China ist mit seinen inzwischen rund hundert Medaillen im Grunde uneinholbar, auch in London führten das Riesenreich den Medaillenspiegel an.

„Wir sind mit Kraft gestartet und haben uns über schöne Erfolge gefreut“, sagt Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Er findet, ebenso wichtig wie das Medaillensammeln sei eine gute Platzierung außerhalb der Medaillenränge. „Die Ruderer haben nicht Bronze verloren, sondern gezeigt, dass sie Viertbeste der Welt sind.“

Trotz der offiziell ausgegebenen „Dabeisein-ist-alles“-Mentalität geht es den Athleten sehr wohl um die Medaillen. Einige Erwartungen wurden nicht erfüllt, andere übertroffen. Die ersten Erfolge feierten die sehbehinderten Judoka-Zwillinge Carmen und Ramona Brussig : sie gewannen jeweils Silber, in unterschiedlichen Gewichtsklassen. In London vor vier Jahren gab es für die Schwestern jeweils Gold.

Das erste Gold für Deutschland hatte Niko Kappel geholt. Der kleinwüchsige Athlet stieß die Kugel auf 13,57 Meter und verbesserte seine Bestleistung um 31 Zentimeter. Es sind Kappels ersten Paralympics. Mit dem Sieg habe er gar nicht gerechnet, sagte er. Teamkollege Mathias Mester hatte im Speerwerfen nicht das Ziel von 40 Metern geschafft. Es reichte für Platz fünf: „Ärgerlich, wenn man seine gesetzten Ziele nicht erreicht. Mit einer Medaille hatte ich schon geliebäugelt.“

Samstag gab es gleich dreimal Gold für das deutsche Team: Durch Leichtathletin Vanessa Low, Kugelstoßer im Rollstuhl Daniel Scheil und Paratriathlet Martin Schulz. Low, die beidseitig oberschenkelamputiert ist, hob ihren eigenen Weltrekord auf 4,93 Meter im Weitsprung an. Kommenden Samstag tritt sie im Sprint an. „Ich bin aufgeregter wegen der 100 Meter. An den Weitsprung gehe ich relativ entspannt ran“, sagte Low.

Für das Schwimmteam gab es Enttäuschungen. Zwar holte die 23-jährige Schwimmerin Denise Grahl Silber über 50 Meter Freistil in 33,16 Sekunden – ihr bislang größter internationaler Erfolg. Elena Krawzow und Verena Schott allerdings landeten auf Platz fünf und vier. Beide hatten über 100 Meter Brust in verschiedenen Startklassen auf Medaillen gehofft. Unerwartet auch die Disqualifikation der Paracyclerin Denise Schindler. Sie wurde nach der 3000-Meter-Verfolgung aus der Wertung genommen, da sie zu lange im Windschatten fuhr.

Sabine Ellerbrock und Katharina Krüger galten als Hoffnung im Tennis-Doppel. Ellerbrock konnte aus gesundheitlichen Gründen gar nicht erst nach Rio. Die bei den Zehlendorfer Wespen beheimatete Krüger schied im Einzel-Achtelfinale aus. Das war bitter, sie hatte das Training deutlich verstärkt und wollte in Rio unbedingt ins Viertelfinale. Durchweg positiv ist dagegen der Zuschauerzuspruch. Die Arenen sind voller als anfänglich erwartet. 1,9 Millionen Tickets wurden mittlerweile verkauft, was sicher auch an deutlichen Preissenkungen liegt. Am Samstag wurde im Barra Olympic Park der Tagesrekord von 170 000 Tickets geknackt – so viele Besucher an einem Tag gab es nicht einmal bei Olympia.

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