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Hey, wir wollen die Alten sehen! Ausverkauft war Hamburg nur zum Schaukampf zwischen Stich (li.) und McEnroe. Foto: dpa

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Sport: Hamburg spielt deutsch

Am Rothenbaum findet das Tennisturnier zu sich.

Michael Stich lächelte zufrieden, als er durch die Panoramafenster des eleganten Spielerrestaurants hoch oben unter der Kuppel des Zeltdaches des Rothenbaum- Stadions blickte. Die Tribünen waren prächtig gefüllt, trotz des ungemütlich nasskalten Hamburger Sommers hatten gut 5000 Tennisbegeisterte ein Ticket für das Viertelfinale zwischen Thomas Haas und Florian Mayer, das Haas 6:1, 6:4 gewann, gekauft. Im Anschluss spielte gar noch ein weiterer deutscher Profi, Philipp Kohlschreiber musste sich jedoch dem Spanier Nicolas Almagro 5:7, 5:7 geschlagen geben. „Es hilft natürlich, dass unsere Jungs hier immer besser auftreten“, sagte Stich, „sie scheinen sich hier wohlzufühlen. Wir machen also irgendetwas richtig.“ Seit vier Jahren kämpft der 43-Jährige als Turnierdirektor und Veranstalter darum, das gebeutelte Traditionsturnier lebensfähig zu halten. Nachdem Hamburg 2009 der Masters-Status aberkannt wurde, schien dies eine fast aussichtslose Mission zu sein. Doch Stich hat mit seiner Agentur HSE inzwischen nachgewiesen, dass er Vieles richtig gemacht hat.

„Wir haben es geschafft, ein Event, das kurz vor dem Aus stand, zu konsolidieren“, sagt Stich nicht ohne Stolz. Wer den Wimbledonsieger von 1991 in den Tagen des Turniers erlebt, wie er zwischen Meetings, Medienterminen, Gesprächen mit den Fans und Abstechern zu den Matches umherhastet, der merkt, dass Stich sicherlich kein Frühstücksdirektor ist. Der Rothenbaum ist seine Herzensangelegenheit. „Ich kann nicht jemandem das Schwimmen beibringen, der nicht ins Schwimmbad gehen will“, sagt Stich, „ich muss ihn erst auf die Anlage bringen.“

Allein die Strahlkraft des wiedererstarkten Haas wirkt wie ein Selbstläufer. Schon bei seinen ersten Matches waren die Ränge deutlich voller als gewöhnlich. „Ein deutscher Finalist oder Sieger wäre natürlich das i-Tüpfelchen“, sagt Stich.

Das Wagnis, seit dem vergangenen Jahr, den Zuschauern kostenlosen Zutritt zur Anlage und den Nebenplätzen zu gewähren, lohnt sich. Wäre das Wetter gnädiger gewesen, hätte es wohl noch mehr Neugierige angelockt. Das Vip-Zelt ist wieder gefüllt, das Interesse der Sponsoren neu geweckt: Die ersten Wiederbelebungsmaßnahmen haben gegriffen. Dazu zählt auch, gut die Hälfte der Ränge des Center Courts abzuhängen, die Atmosphäre ist nun viel dichter. Denn selbst zu besten Zeiten konnte das gigantische Stadion, ein fatales Relikt aus den deutschen Boom-Jahren, mit seinen 13 500 Plätzen nie ganz gefüllt werden.

Voll besetzt war das Stadion mit 7500 Zuschauern bisher nur zum Schaukampf am Sonntag zwischen Stich und Altmeister John McEnroe. Doch Stich erhofft sich, jene Nostalgie-Fans auf diesem Wege auch für die Gegenwart zu begeistern. Seine Agentur hat eine Option, das Turnier bis 2018 auszurichten, und diese wird Stich wohl auch ziehen. Daran können auch die Meldungen über einen möglichen Abriss des Stadions nichts ändern. Im Gegenteil, denn sollte sich der Club an der Alster, der bis 2049 das Erbbaurecht auf der Anlage besitzt, gemeinsam mit der Stadt Hamburg zum Neubau einer mobilen Arena für Hockey und Tennis entschließen, wäre im Grunde allen Seiten gedient. Besonders dem Deutschen Tennisbund, der sich die längst fällige Sanierung des Zeltdachs mit Kosten in Höhe von 1,5 Millionen Euro gar nicht leisten kann.

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