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Hamburger SV: Magie nur für den Moment?

Bruno Labbadia wird beim HSV von seiner Vergangenheit eingeholt. Die Hamburger zeigen ähnlich schwankende Leistungen wie Bayer Leverkusen in der vorigen Saison.

Schon im September ist Bruno Labbadia von seiner jüngeren Vergangenheit eingeholt worden. Die schwachen Spiele der vergangenen Woche haben am Selbstbewusstsein genagt. Man merkt gar nicht mehr, dass der Hamburger SV als Spitzenreiter ins Spitzenspiel gegen den FC Bayern geht. Labbadia selbst wird immer häufiger und sehr früh schon mit seiner Leverkusener Zeit konfrontiert, als er mit Bayer nach famoser Hinrunde einbrach und sich von der Mannschaft entfremdete. Am traurigen Ende standen das verlorene Pokalfinale und die durch ein Interview provozierte Entlassung.

Seitdem gilt Labbadia als Trainer des Moments.

Beim HSV will er zeigen, dass er auch für langfristige Entwicklung steht. Labbadia ist als Trainer ein Bundesliga-Neuling, er brauchte dringend einen starken Sportchef an seiner Seite, der ihn stützt, berät und entlastet. Den gibt es beim HSV aber nicht, wird es nach der Posse um Roman Grill auch erst mal nicht geben. So muss Labbadia allein mit seiner rätselhaften Mannschaft klarkommen. Große Siege und peinliche Niederlagen haben sich abgewechselt, ohne dass man genau erklären könnte, warum. Dass der Kader durch die vielen Verletzungen (Guerrero, Benjamin, Silva, Jansen) nicht mehr stark genug für ganz oben ist, hat Labbadia jetzt zum ersten Mal angedeutet. Die Freude auf das Bayern-Spiel ist einer gewissen Ratlosigkeit gewichen, auch wenn Labbadia tapfer sagt: „Unser Selbstvertrauen ziehen wir aus der Tabellenführung.“ Die Stimmung beim HSV ist eher so, als sei der Spitzenrang nur geborgt. Durch alle Äußerungen der letzten Tage zieht sich die Frage: Sind wir wirklich so gut?

Partiell kann man diese Frage schon beantworten: im Angriff nicht. Den besten Auftritt beim HSV hatte Marcus Berg nämlich, als es um Worte ging, nicht um Tore. Bei seiner Vorstellung im Juli erzählte der Schwede fröhlich, dass er sich auch in Hamburg mit dem Taxi fortbewegen wolle. Er hat keinen Führerschein. Alle lachten über den trockenen Witz des 22 Jahre alten Schweden, für den der HSV neun Millionen Euro bezahlt hat. Und als er sechs Wochen später im Heimspiel gegen Borussia Dortmund ins Tor traf, fühlten sich Trainer Bruno Labbadia und Vorstand Bernd Hoffmann in ihrer Investition bestätigt. Inzwischen ist Marcus Berg die gute Laune vergangen, und seinen Fürsprechern fehlen die Argumente. Dabei braucht der HSV wegen Paolo Guerreros langwieriger Verletzung gerade jetzt einen Stürmer, der verlässlich trifft oder assistiert. Berg aber hat gegen Stuttgart, in Wien, Frankfurt und Osnabrück derart schwache Leistungen aneinandergereiht, dass es schon Zweifel an seiner grundsätzlichen Eignung für die Bundesliga gibt.

Für solch ein Urteil ist es natürlich zu früh. Doch wie es um den Gemütszustand des Schweden steht, zeigten am besten seine eigenen Äußerungen. Zuletzt hat Berg ungewöhnlich deutlich gefordert, es möge doch bitte ein dritter Stürmer, also ein Konkurrent für ihn, geholt werden. Derzeit wäre es wohl eine Erleichterung, wäre Berg nicht mehr für die Startelf gesetzt und könnte sich stattdessen darum kümmern, bei der Fitness aufzuholen und sich an Härte und Tempo der Liga zu gewöhnen. Beim HSV zögert man aber, ob der ehemalige Dortmunder Ebi Smolarek die Lösung sein kann. Der 28 Jahre alte Pole trainiert seit dieser Woche mit und wäre zu haben, weil er vereinslos ist. Bei Racing Santander und den Bolton Wanderers konnte Smolarek jedoch überhaupt nicht für sich werben, und beim HSV hat gerade Labbadia Zweifel, ob er der Mannschaft weiterhelfen könnte. Mit diesem formschwachen Berg, ohne Guerrero und Olic – Mladen Petric muss sich im Sturm des Tabellenführers einsam vorkommen. Größer als ganz vorn könnte der Kontrast zum bestens ausgestatteten FC Bayern kaum sein.

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