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Icke und er. Wetzlars Torhüter Wolff und Füchse-Keeper Heinevetter (hier im Nationalteam) duellieren sich heute. Foto: Imago/Perenyi

© imago/Laci Perenyi

Handball Bundesliga: Jetzt mal wir - Füchse gegen HSG Wetzlar

Die halbe Handball-Bundesliga bedient sich bei HSG Wetzlar, auch die Füchse – heute könnten die Hessen den Berlinern den Europapokalplatz wegnehmen.

Kai Wandschneider hat gerade den Wagen geparkt, seine Stimme knarzt nicht mehr, sie ist jetzt deutlich besser über die Freisprecheinrichtung zu verstehen. Genau wie sein herzhaftes Lachen bei dieser einen Frage. „Ich habe ja schon ziemlich viel gehört“, sagt der Trainer der HSG Wetzlar, „aber das ist mir noch nicht zu Ohren gekommen.“ Dabei hält sich in der hessischen Kleinstadt hartnäckig das Gerücht, die Füchse Berlin würden sich um die Dienste eines Wetzlarers bemühen. Um Jannick Kohlbacher nämlich, jenen jungen Mann, der für seinen steilen Scheitel so viel Haarspray benötigt wie die Jungs von Tokio Hotel zu ihren besten Zeiten. Der Kreisläufer, 20 Jahre jung, war eine der Entdeckungen bei der Handball-Europameisterschaft in Polen, das weckt naturgemäß Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz. Auch in Berlin? „Es hat nie ein Gespräch gegeben“, behauptet der Berliner Manager Bob Hanning.

Ob es sich bei der Personalie nun um eine Ente handelt oder ob sich beide Klubs vor dem direkten Bundesliga-Duell am Sonntag (15 Uhr, Max-Schmeling-Halle) auf ein stillschweigendes Abkommen verständigt haben, wird spätestens in ein paar Wochen klar sein, wenn die Saison vorbei ist. So oder so steht die Geschichte sinnbildlich für Wandscheiders Arbeit und seine tagtäglichen Sorgen bei der HSG Wetzlar. „Wir sind nun mal ein Ausbildungsverein“, sagt der Trainer, „da ist es der normale Gang der Dinge, dass man seine besten Spieler abgeben muss, bevor man sie abgeben möchte.“ Prominentestes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist Andreas Wolff, der Über-Torhüter der Europameisterschaft, der ab Sommer für den Branchenführer Kiel spielen wird.

Auch die Füchse haben sich zuletzt häufiger in der Talentschmiede der Hessen bedient. Vor der Saison verpflichteten sie Kent Robin Tönnesen, einen der begehrtesten jungen Linkshänder der Liga, zur neuen Spielzeit haben sie sich zudem die Dienste von Steffen Fäth aus dem deutschen Europameister-Kader gesichert. Und auch eine Verpflichtung Kohlbachers würde durchaus Sinn ergeben, weil die Position am Kreis im Grunde die einzige offene Großbaustelle bei den Berlinern ist – und weil Kohlbacher ins Anforderungsprofil passt: jung, deutsch, hoch talentiert und entwicklungsfähig. „Sie werden trotzdem nicht erleben, dass ich mich über unseren regen Personalwechsel beklage“, sagt Wandschneider. „Wir müssen in Wetzlar seit Jahren schneller arbeiten und häufiger improvisieren als die meisten anderen Bundesligisten.“ Auch vor der laufenden Saison hat die HSG wieder acht Spieler abgegeben, also den halben Kader.

Umso erstaunlicher ist, wie der Verein, der von vielen Experten in der Abstiegsregion verortet wurde, durch die Saison marschiert. Mit einem Sieg in Berlin kann Wetzlar den Füchsen im Kampf um die internationalen Plätze gefährlich nahe kommen. Im Umkehrschluss können die Berliner dagegen so gut wie sicher für ein weiteres Jahr im Europapokal planen. „Wir müssen gewinnen, da gibt es keine Diskussion, Punkt!“, sagt Torhüter Silvio Heinevetter. Das Duell zwischen ihm und Wolff ist heute doppelt interessant: Mit dem Gummersbacher Carsten Lichtlein kämpfen die beiden um einen Platz im Kader für die Olympischen Spiele in Rio. Schwer vorstellbar, dass sich Bundestrainer Dagur Sigurdsson den direkten Vergleich entgehen lassen wird. Zumal er weiterhin in Berlin lebt und eine kurze Anreise hat.

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