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Auf dem Sprung zum Superstar. Paul Drux lässt im Moment mal wieder eine Entwicklungsstufe aus. Im Verein zählt der 19-Jährige von den Füchsen Berlin längst zum Stammpersonal, am vergangenen Wochenende hat er sein Debüt in der Nationalmannschaft gegeben. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Handball-Bundesliga: Paul Drux: Typ Menschmaschine

Paul Drux von den Füchsen Berlin setzt bereits in seiner ersten reinen Profi-Saison Akzente in der Handball-Bundesliga - und neuerdings auch im Nationalteam.

Zum Glück hat sich das mit der Schule jetzt auch erledigt. Haken dahinter, Abitur bestanden, eine Zwei vor dem Komma, solide Grundlage. Und natürlich mehr Freiraum, eigene vier Wände. „Ich kann mir die Tage mittlerweile besser einteilen, weil ich drei, vier Stunden mehr Zeit habe“, sagt Paul Drux, „vor einem Jahr war daran nicht zu denken.“ Seinerzeit hat Drux noch im Sportinternat Hohenschönhausen gelebt, Mitbewohner inklusive. Die Prüfungen standen vor der Tür und ganz nebenbei hat er schon sehr erfolgreich Handball für die Füchse Berlin gespielt. „Die letzten Monate waren krass, nach der Saison war ich ziemlich platt“, sagt der 19-Jährige. Dann erzählt Drux noch, dass er seine zusätzliche Freizeit neuerdings zum Schwimmen nutzt.

Pokalsieger, A-Jugend-Meister, U-20-Europameister - alles in wenigen Wochen

Sport als Ausgleich, das klingt im konkreten Fall erst mal ziemlich absurd. Im letzten Jahr hat Drux für sein Alter nämlich ein unfassbares Pensum abgerissen. Er erhielt in der Männermannschaft des Berliner Bundesligisten regelmäßig Einsatzzeiten und war entscheidend am Erfolg im DHB-Pokal beteiligt, dem ersten Titel der Vereinsgeschichte. Kurz darauf gewann er mit der A-Jugend die Deutsche Meisterschaft und im Sommer schließlich noch den EM-Titel mit der U-20-Nationalmannschaft. Macht um die 70 Spiele in der Saison. Für Drux ist es ein Vorgeschmack auf das Programm in den nächsten Jahren seiner Karriere, weil sich neben seiner Anschrift auch sein Status geändert hat. „Ich bin jetzt fester Bestandteil der Profi-Mannschaft.“ Kein A-Junior mehr.

In allen sechs Pflichtspielen der Saison stand Drux in der Anfangsformation, daran dürfte sich auch im heutigen Bundesligaspiel der Füchse gegen Hannover-Burgdorf (15 Uhr, Max-Schmeling-Halle) nichts ändern. „Das hat natürlich auch damit zu tun, dass Pavel verletzt ist“, sagt Drux. Pavel, Nachname Horak, bildet bei den Berlinern gemeinsam mit Drux das Duo im linken Rückraum, im Moment fällt er aber nach einer Operation am Ellbogen aus. So weit, so richtig. Die andere Wahrheit lautet: Selbst bei hundertprozentiger Fitness kann sich der tschechische Nationalspieler längst nicht mehr darauf verlassen, in der ersten Sieben zu landen. Dafür spielt Drux viel zu stark und beständig.

„Es gibt viele Talente im deutschen Handball, siehe unsere U 20. Das ist ein erstklassiger Jahrgang“, sagt Füchse-Manager Bob Hanning, der Drux im Jugendbereich trainiert und gefördert hat, „aber Paul Drux gibt es nur einmal.“ Wenn sich der Rückraumspieler normal entwickelt, prognostiziert Hanning, „dann haben wir in ein paar Jahren einen neuen Karabatic.“

Sein Jugendtrainer vergleicht Paul Drux bereits mit Welthandballer Nikola Karabatic

Wer sich mit Handball nicht so beschäftigt: Nikola Karabatic, Welthandballer von 2007, Anführer jener französischen Mannschaft, die zwischen 2008 und 2012 alle bedeutsamen Titel gewann, war im letzten Jahrzehnt der dominanteste Spieler seines Sports. 1,96 Meter groß, 102 Kilo, Typ: Menschmaschine. So einen könnten die Füchse, so einen könnte aber auch das Nationalteam gut gebrauchen. Deshalb ist Drux schon jetzt eines der Gesichter von „Goldjungs“, einer Kampagne des Deutschen Handball-Bundes (DHB), der als perspektivisches Ziel den Olympiasieg in sechs Jahren ausgibt. Große Erwartungen also an einen jungen Mann.

Bislang übertrifft sie Paul Drux mal wieder, so wie er sie in seiner Karriere fast immer übertroffen hat. Ehemalige Trainer wissen zu berichten, dass Drux schon zu Juniorenzeiten bedenkenlos im nächstälteren Jahrgang eingesetzt werden konnte. Auch im Moment überspringt der 19-Jährige eine Entwicklungsstufe. Ihm gelingt scheinbar mühelos, woran viele Talente scheitern: der Übergang vom Nachwuchs- in den Männerbereich.

Dabei spielt Drux in seiner ersten Profi-Saison nicht nur irgendwie auf irgendeiner unbedeutenden Position mit, er bewegt sich stets im Mittelpunkt des Geschehens: offensiv als kluger Spielgestalter und gefährlicher Schütze sowie defensiv im Mittelblock, dem Herzstück einer jeden Abwehr. „Paul ist extrem vielseitig, ein kompletter Spieler, das gefällt jedem Trainer“, sagt Füchse-Coach und Neu-Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Deshalb bestand eine der ersten Amtshandlungen des Isländers auch darin, Drux am vergangenen Wochenende zum Debüt in der A-Nationalmannschaft zu verhelfen. Auch im Verein wissen sie um die Qualitäten ihres eigenen Mannes: Im Mai hat der Klub den Vertrag mit Drux vorzeitig um vier Jahre verlängert und den Tag regelrecht zelebriert.

Bis 2019 wird Drux den Füchsen also vermutlich erhalten bleiben, dafür spricht auch, dass er sich vor kurzem in Berlin immatrikuliert hat, Studiengang: Wirtschaftsingenieurwesen. Dann hat sich das mit der zusätzlichen Freizeit auch wieder erledigt. Drux sagt: „Ich brauche einfach noch was anderes außer Handball.“

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