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Knapp daneben: Die Füchse, hier Bartlomiej Jaszka, scheitern in der Champions League am THW Kiel.

© dpa

Handball-Champions-League: Den Gegner gerettet: Füchse scheitern knapp am THW Kiel

Beginn verschlafen, das Spiel fast gedreht - und am Ende doch verloren: Die Füchse Berlin verlieren das Halbfinale der Champions League 24:25 gegen Kiel - und verpassen damit eine Sensation denkbar knapp.

Silvio Heinevetter sackte zusammen, wütend schlug er mit der Faust auf den Hallenboden. Weil dieser Treffer so sinnbildlich schien für dieses Spiel, diese Saison, diesen Gegner. Da hatten die Füchse handgestoppte 60 Sekunden nach allen Regeln der Kunst verteidigt, hatten es tatsächlich mal geschafft, den Gegner aus Kiel in Bedrängnis zu bringen, die Schiedsrichter signalisierten bereits Zeitspiel. Und dann, ja dann, schnappt sich dieser Filip Jicha einfach den Ball, findet im Berliner Beton eine Lücke und wirft den Ball in den Winkel, wie es ein ehemaliger Welthandballer eben so macht. Es war der Treffer zum 12:6 für den THW, nichts Weltbewegendes, schon gar nicht entscheidend. Vielmehr war es die Botschaft, die Eindruck hinterließ: Wir, der THW, lösen jede Situation, wir können immer zulegen.

Doch am Ende herrschte ein ganz anderer Eindruck: Kiel ist sehr wohl verletzlich. Die Berliner hatten die Kieler am Rande einer Niederlage. Dass die Kieler am Ende jubelten, dass sie gestern das Halbfinale im Final-Four-Turnier der Handball-Champions-League 25:24 (15:12) gewannen, das hatten sie auch Glück zu verdanken. Beim Stand von 24:24, Sekunden vor dem Ende, warf der Berliner Bartlomiej Jaszka einen eigenen Mann an. Jenen siebten Feldspieler, der für Torhüter Stochl aufs Feld gerannt war, um die Chancen auf den Ausgleich zu erhöhen. Der Ball prallte vom eigenen Mann ab, landete neben dem Kieler Tor, Abpfiff, unglückliche Niederlage der Füchse besiegelt. Der Außenseiter hatte in der zweiten Halbzeit eine ganz starke Leistung gezeigt und hätte fast die Sensation perfekt gemacht. Vor allem ihrem Torhüter Petr Stochl hatten es die Berliner zu verdanken, dass sie Kiel extrem unter Druck setzen konnten.

Als in der Köln-Arena die Lichter zur Vorstellung der Mannschaften ausgingen, da hatten die Anhänger des THW Kiel bereits den ersten Sieg errungen – jenen beim obligatorischen Lautstärke-Test. Überhaupt stachen nur wenige lila-gelbe Shirts der Füchse aus der Masse von 20 000 Zuschauern.

Berlins Trainer Dagur Sigurdsson hatte die taktische Ausrichtung gegen den Deutschen Rekordmeister wie ein Staatsgeheimnis gehütet – aus gutem Grund. Wie schon im Achtelfinale gegen den HSV und im Viertelfinale gegen Leon hatten die Berliner eine Defensiv-Taktik ausgebrütet, mit der sie den offensiv überragend besetzten Kielern beikommen wollten. Wohl gemerkt: wollten. Jaszka agierte als vorgezogene Spitze des Abwehrverbundes. Dumm allerdings, dass die Kieler sechs der ersten zehn Angriffe gar nicht aus dem Positionsangriff erzielten, sondern über Tempogegenstöße.

Bevor sich die Füchse formieren konnten, waren die Bälle von Filip Jicha, Kim Andersson & Co. bereits hinter Torhüter Silvio Heinevetter eingeschlagen. Der Nationalkeeper erwischte wie seine Kollegen einen durchwachsenen Start und musste nach 17 Minuten auf die Bank. Kein gutes Zeichen für den Außenseiter, ebenso wenig wie die verworfenen Siebenmeter von Ivan Nincevic und Iker Romero.

Zum Glück für das Team von Dagur Sigurdsson funktionierte Jaszka in der Offensive. Unermüdlich trieb der polnische Spielmacher seine Mannschaft an, kreierte Überzahlsituationen, legte ab, traf bis zur Pause fünf Mal. Weil Stochl, für Heinevetter gekommen, zudem einige anspruchsvolle Würfe parierte, machten die Füchse einen Sechs-Tore-Rückstand wett. Zur Pause lag Kiel mit lediglich drei Treffern vorn (15:12).

Treffer von Alexander Petersson und Iker Romero ließen die Berliner in der zweiten Hälfte zunächst an eine weitere Sensation glauben (15:16) – davon hatte es in dieser Europapokal-Saison schließlich einige gegeben. Immer, wenn es wirklich eng wurde, meldeten sich die Spieler von Alfred Gislason allerdings mit dem Selbstverständnis einer Mannschaft zurück, die eine bislang verlustpunktfreie Bundesliga-Saison gespielt hat. Aber einen großen Vorsprung konnten die Kieler nicht herausspielen, das verhinderte Stochl, der seine Vorderleute puschte. Einzig die Würfe von Filip Jicha, mit elf Treffern bester Werfer, waren selbst für Stochl zu gut. Stochls Reflexe ließen die Stimmung in der Halle kippen. Die Berliner standen nach dem Ausgleich durch Torsten Laen vor der Sensation. Am Ende vergab jedoch Linksaußen Ivan Nincevic aus gutem Winkel, auf der Gegenseite traf Jicha zweimal, und der letzte Wurf von Jaszka blieb in der THW-Deckung hängen. Die Kieler jubelten. So erleichtert waren sie schon lange nicht mehr.

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