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Handball-EM: Dank Erfahrung gut

Deutschlands nächster Gegner Spanien überzeugt bei der Europameisterschaft mit Routine.

Aus seiner Liebe zu Spanien macht Stefan Kretzschmar keinen Hehl. "Ich spreche die Sprache, finde das Land auch so ganz cool“, sagt der ehemalige Handball-Nationalspieler. Auf seine Sportart bezogen sieht er das nicht ganz so euphorisch. "Seit Sydney 2000 habe ich zu Spanien ein etwas gestörtes Verhältnis“, sagt er mit einem Lächeln. Damals, im olympischen Viertelfinale, war Kretzschmar kurz vor Schluss an Torhüter David Barrufet gescheitert. "Im Gegenzug haben die Spanier den Siegtreffer erzielt und wir sind aus dem Medaillenkampf ausgeschieden“, erzählt der heutige Fernsehkommentator. Was für ihn wohl zeitlebens ein Schlüsselerlebnis seiner ansonsten sehr erfolgreichen Karriere bleiben wird, kennen seine Nachfolger im deutschen Team höchstens noch vom Hörensagen. Bei den Spaniern jedoch, die heute bei der EM im zweiten Hauptrundenspiel der deutsche Gegner um 18.15 Uhr sein werden, ist das anders. "Das ist schon eine sehr routinierte Mannschaft“, sagt Kretzschmar, "den Deutschen hat sie ein großes Maß an internationaler Erfahrung voraus.“

Bis zur 26:32-Niederlage am Sonntagabend gegen Polen hat das Team von Trainer Valero Rivera damit auch in seinen bisherigen EM-Spielen dominiert. Mit Spielern, die mit einer Ausnahme (Carlos Prieto von den Rhein-Neckar Löwen) allesamt in der heimischen Liga aktiv sind. "Die besten Leute spielen dort in Barcelona und bei Ciudad Real und sind Champions-League-erfahren. Aber da hinter den drei, vier Spitzenteams – im Gegensatz zur Bundesliga – ein starker Leistungsabfall herrscht, haben sie im Alltag auch immer wieder mal Ruhephasen“, erklärt Kretzschmar. Die Einteilung der Kräfte ermöglicht es den älteren Spielern wie Torhüter Jose Javier Hombrados (37 Jahre), Alberto Entrerrios (35), Juan Antonio Garcia (32) oder Ruben Garabaya (30), auch bei der EM auf hohem Niveau zu spielen. Der Umbruch im Team erfolgt behutsam, gestützt durch eingespielte Mannschaftsteile aus Barcelona und von Ciudad Real.

Auch die Polen, Kroaten und Franzosen gehen diesen Weg und stehen deshalb vor dem Einzug ins Halbfinale. Sie sind zwar Schwankungen unterworfen, profitieren aber von ihrer internationalen Erfahrung. So wie Frankreich beim Zwei-Tore-Sieg gegen Deutschland, als sich der Olympiasieger und Weltmeister gegen das unreife deutsche Team durchsetzte. "Was mich für die Zukunft positiv stimmt: Wir sind von diesen Teams nicht weit entfernt“, sagt Bundestrainer Heiner Brand. So gesehen kann es sich sogar als Vorteil erweisen, dass sich Deutschland bei der EM noch nicht für die WM 2011 in Schweden qualifiziert hat. Die Mannschaft wird dafür Spiele bestreiten müssen, die ihr zu einem Entwicklungsschub auf dem Weg zu Olympia 2012 in London verhelfen sollten. Für Stefan Kretzschmar ist das aber kein Vorteil. "Für mich ist jeder Höhepunkt wichtig, ich halte nichts von Zwischenstationen“, sagt er. Deshalb erwartet er bereits heute gegen Spanien, dass die deutsche Mannschaft ihren Lernprozess beschleunigt. Auch nach knapp zehn Jahren wäre ein Erfolg der Deutschen gegen die Spanier immer noch eine kleine Genugtuung für ihn.

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