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© Reuters

Handball-EM: Kampf reicht nicht

Die deutschen Handballer unterliegen den cleveren Franzosen 22:24 und verpassen das EM-Halbfinale

Sie hatten sich geschworen, für ihren verstorbenen Freund Oleg Velyky zu kämpfen. Als äußeres Zeichen ihrer Trauer um den in der Nacht zum Samstag verstorbenen Nationalspieler trugen die deutschen Handballer im ersten Hauptrundenspiel gegen Frankreich einen Trauerflor. Und die Mannschaft von Bundestrainer Heiner Brand setzte ihr Versprechen in die Tat um. Aber ihr Kampf reichte gegen den Olympiasieger und Weltmeister letztlich nicht aus. Mit 22:24 (10:12) verloren die Deutschen, weil „die Franzosen ausgebuffter agierten“, wie Brand es ausdrückte. Weil Polen anschließend gegen Spanien 32:26 gewann, hat der Weltmeister von 2007 keine Chancen mehr, das EM-Halbfinale in Wien zu erreichen. Torhüter Johannes Bitter will dennoch weiter kämpfen: „Wir müssen einfach ein paar Fehler abstellen, dann haben wir auch am Dienstag gegen Spanien eine Chance.“

Die Fehler im Spiel gegen Frankreich glichen jedoch denen, die die Deutschen schon in den drei Vorrundenspielen gemacht hatten. Frankreichs Trainer Claude Onesta wusste, dass „die verjüngte deutsche Mannschaft vor allem spielerische Defizite hat“, und hatte seiner Mannschaft eine betont ruhige Spielweise verordnet. So wurden die Angriffe fast immer so lange ausgespielt, bis ein Zeitspiel drohte. Dieser nahezu provozierenden Spielweise, die keinesfalls von Klasse geprägt war, konnten die Deutschen um Abwehrchef Oliver Roggisch zumindest eine Halbzeit lang widerstehen. Sie führten 6:4, und die überwiegend deutschen Fans in der Innsbrucker Olympiahalle konnten auf eine Überraschung hoffen, zumal sich die französischen Stars Nicola Karabatic, Daniel Narciss und Jerome Fernandez ungewohnt viele Fehler leisteten.

„In dieser Phase haben wir zu viele Chancen ausgelassen, wir hatten da die Chance, den Gegner viel stärker unter Druck zu setzen“, sagte Brand. Frankreichs Torhüter Thierry Omeyer wurde zu selten in große Schwierigkeiten gebracht. Schließlich versuchten sich die Deutschen in Einzelaktionen, anstatt mit klaren Aufbauaktionen die Lücken in der offensiven 6:0-Deckung des Gegners zu erarbeiten.

„Wir haben trotzdem weiter an uns geglaubt“, schilderte Lars Kaufmann die Stimmung zur Halbzeit, schließlich lag seine Mannschaft nur mit zwei Treffern zurück. Was nach der Pause allerdings passierte, beschrieb Johannes Bitter mit einem Wort: „Blackout.“ Onesta sprach von jenen „15 Minuten, in denen die Vorentscheidung fiel“. In der 45. Minute führten die Franzosen 20:13. Keinesfalls durch sauber herausgespielte Treffer, aber danach fragte hinterher niemand mehr. Der deutsche Regisseur Michael Haaß verstand es auf der Gegenseite nicht, überraschende Impulse zu setzen. Und die sonstigen Torschützen auf den Halbpositionen, Holger Glandorf und Lars Kaufmann, wurden von den flinken Franzosen meist sicher abgeschirmt. Letztlich war Linksaußen Torsten Jansen mit fünf Treffern der erfolgreichste deutsche Werfer.

Trotz dieser Mängel kamen die Deutschen mit ihrem unbändigen Kampfgeist wieder ins Spiel. Plötzlich konnten sie sogar auf einen Punktgewinn hoffen. Dazu trug auch Silvio Heinevetter mit einem gehaltenen Siebenmeter beim Stand von 13:19 bei. An seiner Leistung bauten sich die Feldspieler auf, sie legten noch einmal die letzten Kraftreserven frei. In der 46. Minute nahm Heiner Brand eine Auszeit, auch das half. Beim 20:22 hatte Jansen, der zuvor bei dieser EM alle zwölf Siebenmeter verwandelt hatte, erneut eine Strafwurfchance. Doch der Hamburger scheiterte. Wieder hielt Heinevetter einen Siebenmeter, vier Minuten blieben noch. Aber Frankreich ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, verwaltete den Vorsprung nur noch. Brand lag zumindest mit seiner vor dem Spiel geäußerten Prognose nicht falsch: „Wenn wir die gleiche Einstellung wie beim Sieg in der Vorrunde gegen Schweden an den Tag legen, ist etwas möglich. Das Selbstvertrauen ist nach wie vor groß.“

Es hatte auch nach der Niederlage gegen Frankreich nicht gelitten. Das wollen die Deutschen in den nächsten beiden Hauptrundenspielen gegen Spanien und gegen Tschechien (Donnerstag) beweisen. Ihr Kampfversprechen für Oleg Velyky gilt nicht nur für den Tag nach der Nachricht, die alle erschüttert hatte.

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