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Schaum vorm Mund. Heuberger wertet den Auftritt Montenegros als unsportlich.

© dpa

Handball: Letzte Hoffnung Österreich

Deutschlands Handballer haben trotz des Sieges über Israel die EM-Teilnahme verpasst. Das zweite Verpassen eines Großereignisse nach der misslungenen Qualifikation für die Olympischen Spiele in London könnte Konsequenzen für Bundestrainer Heuberger nach sich ziehen.

Wahrscheinlich wird ihnen das Ausmaß der Katastrophe erst im kommenden Jahr richtig bewusst. Wenn sie vor den Fernsehgeräten Platz nehmen müssen. Genau dieses Szenario droht Deutschlands Handball-Nationalspielern nach den Geschehnissen und Ergebnissen vom Sonnabend. Obwohl sich die Mannschaft von Bundestrainer Martin Heuberger im letzten Gruppenspiel der EM-Qualifikation in Aschaffenburg mit 38:19 (21:12) gegen Israel durchsetzte, besitzt sie keine Chancen mehr, die Teilnahme am Turnier in Dänemark im kommenden Jahr (12. bis 26. Januar) doch noch zu sichern.

Ohne Nachbarschaftshilfe der Österreicher ging das nicht mehr. Vielmehr bedurfte es dafür einer komplizierten und gleichwohl unwahrscheinlichen Wenn-Dann-Rechenkonstellation, abhängig von den Ergebnissen der Partien Slowenien gegen Weißrussland und Österreich gegen Russland. Österreich musste dabei dann beispielsweise mit mindestens sieben Treffern Differenz gegen die Russen gewinnen, damit die Deutschen überhaupt noch auf ihre winzige Chance hoffen können, als bester Gruppen-Dritter weiterzukommen. Aber das war schließlich alles hinfällig, Österreich gewann 30:25 gegen Russland.

„Ich glaube nicht mehr daran. Ich glaube, der Zug ist abgefahren“, sagte Kapitän Oliver Roggisch, nachdem er vom Ergebnis des parallel ausgetragenen Gruppenspiels zwischen Tschechien und Montenegro (30:25) erfahren hatte, das die Tschechen aus deutscher Sicht unter keinen Umständen hatten gewinnen dürfen. „Es war von vorn herein ziemlich utopisch, dass wir uns noch qualifizieren. Aber was mich ärgert ist, dass Montenegro in Tschechien ohne vier Stammspieler antritt, die gegen uns noch tragende Säulen waren“, sagte Martin Heuberger im Bayerischen Rundfunk. „Das ist unsportlich“, ergänzte der Bundestrainer, „aber ausschlaggebend war, dass wir zweimal gegen Montenegro verloren haben.“

Zehn Jahre nach dem Gewinn der Europameisterschaft findet also erstmals eine EM ohne deutsches Team statt. Als Krönung für dieses historische Debakel droht den ohnehin überbelasteten Spielern deshalb eine weitere Ehrenrunde in Sachen WM-Qualifikation für Katar 2015. Darüber wollte allerdings niemand sinnieren. Zu groß war die Enttäuschung über die Niederlage, die nun auch Konsequenzen für Heuberger haben könnte, über dessen Zukunft als Bundestrainer bereits vor dem Spiel gegen Israel diskutiert worden war. Der Bundestrainer sagte dazu, dass er „gewillt ist, mit der Mannschaft weiterzuarbeiten“ und ergänzte: „Alles Weitere habe ich nicht in der Hand.“

Unterdessen fordern die ersten Ex-Internationalen den Rücktritt Heubergers. Nach den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr habe das Nationalteam nun „zwei der letzten drei Großereignisse verpasst, das ist für den deutschen Handball ein Fiasko“, sagte Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar der „Welt am Sonntag“. „Er ist nicht der Alleinschuldige. Aber die Nationalmannschaft hat jetzt zweimal versagt. Da muss sich auch der Bundestrainer fragen lassen, ob er noch der Richtige ist“, sagte Kretzschmar. Man darf davon ausgehen, dass er nicht der letzte Spieler einer großen deutschen Handball-Generation sein wird, der sich zu diesem Thema äußert. Wie das eben so ist, wenn eine Sportart von einem Tiefpunkt zum nächsten hetzt.

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