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Immer locker bleiben. Markus Baur wehrt sich gegen Gerüchte, nach denen er zu penibel sein soll. Foto: p-a/dpa

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Handball: Mit Schallwellen zum Bundestrainer

Als Handballspieler gewann er den WM-Titel – nun will Markus Baur auch als Coach Weltklasse werden.

Diese eine Sache will Markus Baur unbedingt aus der Welt schaffen. Als Spieler hatte Baur einst gesagt, er wolle nicht um „tote Plätze“ in der Handball-Bundesliga spielen. Ein Satz, der ihn verfolgt, dabei hat er längst seine Gültigkeit verloren, weil Markus Baur mittlerweile 39 und Trainer ist und andere Ansprüche hat. Seit Anfang Dezember trainiert er nun den TuS N-Lübbecke, der zuvor Patrik Liljestrand entlassen hatte. Vor dem Heimspiel gegen die Füchse Berlin an diesem Mittwoch steht das Team auf Tabellenplatz elf, Abstiegsgefahr inklusive. Nach den Maßstäben des Spielers Baur ein toter Platz. Der Trainer Baur hat da eine andere Sichtweise. „Es geht nicht um tote Plätze. Hier habe ich die Möglichkeit, mich und die Mannschaft weiterzuentwickeln.“

Markus Baur war als Aktiver lange Zeit fester Bestandteil des Nationalteams. Mit ihm als Mittelmann gewann die Mannschaft die Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland, holte unter anderem den EM-Titel sowie Olympia-Silber. Baur gab stets den verlässlichen Spielmacher, in entscheidenden Situation bewies er vom Siebenmeterpunkt oft Nervenstärke. Für Bundestrainer Heiner Brand war er sein „verlängerter Arm auf dem Spielfeld“. Schon früh brauchte es nicht viel Fantasie, um sich den Spieler Baur später als Trainer vorzustellen, auch weil Brand einmal sagte: „Markus weiß alles über Taktik.“ Also wurde Baur Trainer. Im Juni 2007 war er für ein halbes Jahr als Spielertrainer in die Schweiz gegangen, bevor er als Trainer zurück nach Deutschland zum TBV Lemgo wechselte. Jenem Klub, mit dem Baur als Spieler unter anderem die deutsche Meisterschaft gewonnen hatte.

Doch dieser Wechsel war im Nachhinein ein Fehler, sagt Baur heute. Zwar belegte der Verein aus Ostwestfalen mit Baur die Plätze sieben und vier, aber noch vor dem ersten Spieltag der Saison 2009/2010 wurde Baur entlassen. Der offizielle Grund: Die Mannschaft hatte die Qualifikation zur Champions League verpasst. Doch hinter den Kulissen hieß es damals, einige Sponsoren hätten Druck gemacht. Einige Medien berichteten von einem zu peniblen Verhaltenskodex, den Baur vorgegeben haben soll. Baur regt das auf. „Ich bin nicht penibel. Wenn ich wirklich penibel gewesen wäre, hätte ich damals die Hälfte der Spieler rausgeschmissen.“

Nach der Entlassung widmete Baur sich der Familie, er baute ein Haus am Bodensee, seiner Heimat. Und er bildete sich fort. Schon zu Lemgoer Zeiten war Baur in die USA gereist, machte einen Kurs bei Fitness-Experte Mark Verstegen, der auch für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft arbeitet. In diesem Jahr hospitierte der arbeitslose Trainer Baur bei den Skispringern und Biathleten aus Österreich. Er schaute sich an, „wie Einzelsportler ticken“. Außerdem beschäftigte er sich mit der audio-visuellen Wahrnehmungsförderung. Mittels veränderter Schallwellen in Musikstücken sollen Sportler so ihre Leistungsfähigkeit verbessern. Für Baur sind solche Fortbildungen selbstverständlich: „Der Blick über den Tellerrand lohnt sich, um den einen oder anderen Baustein für die eigene Arbeit zu entdecken.“

Baurs Arbeit ist nun in Lübbecke gefragt, einen einstelligen Tabellenplatz peilt er an. Als Rückschritt sieht er das Engagement in Lübbecke nicht, sagt er. Bis 2012 läuft sein Vertrag, danach müsse man mal schauen, sagt Baur. Er weiß, dass er stets als Nachfolger Heiner Brands, dessen Kontrakt 2013 endet, genannt wird. „Es wäre schön, wenn das klappen würde“, sagt Baur. Von einem Mittelklasseklub zum Nationalteam? Für Baur ist das kein Widerspruch. „Wen hat denn Joachim Löw vor der Nationalmannschaft trainiert?“, fragt Baur zurück. Die Antwort: unter anderem Adanaspor in der Türkei sowie den FC Tirol Innsbruck und Austria Wien in Österreich. Baurs Traum scheint also durchaus möglich.

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