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© dpa

Handball: Reif für Paris

Die deutschen Handballerinnen sind plötzlich ein WM-Favorit. Und die Mannschaft begreift, welche große Chance jetzt vor ihnen liegt.

Verblüfft? Nein, sagt Andreas Thiel, „je reifer man ist, desto reifer die Leistung“. Der ehemalige deutsche Handballnationaltorhüter meinte allerdings nicht sich selber sondern den Aufsehen erregenden Auftritt der Nationaltorhüterin Sabine Englert. Dass die 26-Jährige mit ihren insgesamt 22 Paraden – darunter vier gegen Siebenmeter – bei der Handball-WM die favorisierten Südkoreanerinnen beim 32:26 (14:12) verzweifeln ließ, hält Thiel für keine Überraschung. „Dazu war sie schon immer in der Lage“, sagt die Torhüterlegende. Und Thiel muss es wissen: Er hat Englert, bevor sie in dieser Saison zum österreichischen Spitzenklub Niederösterreich wechselte, jahrelang bei Bayer Leverkusen trainiert und ausgebildet. Englert reagierte ähnlich unaufgeregt wie ihr Lehrmeister. „Ich war heute sehr motiviert“, sagte die 1,85 Meter große Torfrau. Fast enthusiastisch hingegen fiel die Reaktion des Bundestrainers aus. „Das war eine Weltklasseleistung von Sabine“, sagte Armin Emrich, nachdem sein Team in Nantes die Vorrunde der WM mit dem dritten Sieg im dritten Spiel abgeschlossen hatte. Denn das war keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Als „Todesgruppe“ hatte Emrich die Vorrundengruppe F mit dem Olympia-Zweiten Südkorea und dem Olympia-Dritten Ukraine bezeichnet. Nun, da beide Aufgaben souverän gelöst sind und die Mannschaft in Dijon mit 2:0 Punkten in die Hauptrunde startet, zählt Deutschland plötzlich zu den großen Titelfavoriten. Gedanken an das Finale in Paris lässt Emrich jedoch nicht zu, wenn es heute gegen Spanien (18.30 Uhr, live bei Eurosport) geht. „Was in den nächsten Tagen an Gegnern kommt, ist absolute Weltklasse“, warnt Emrich. Vor allem die Rumäninnen gelten als Mitfavorit auf den Titel.

Selbst die erfahrenen Kräfte in der deutschen Mannschaft haben jedoch längst begriffen, welche große Chance jetzt vor ihnen liegt. „Das war sensationell“, sagte Rückraumspielerin Grit Jurack, die ihr Team mit elf Toren zum ersten Pflichtspielsieg einer bundesdeutschen Mannschaft gegen die Handball-Weltmacht Südkorea führte. „Jetzt ist alles drin bei dieser WM.“

Dieses Selbstbewusstsein speist sich aus der Tatsache, dass die Last der Verantwortung auf viele Schultern verteilt wird. So ist Englert keineswegs die einzige Torfrau mit Weltformat, auch Clara Woltering, ebenfalls von Thiel ausgebildet, ist zu spektakulären Leistungen imstande. Und im Rückraum entwickeln nicht nur Jurack und die aktuelle Welthandballerin Nadine Krause große Durchschlagskraft, sondern auch die Halblinke Maike Brückmann. Hinzu kommt, dass in Jurack (Viborg HK), Krause und Maren Baumbach (beide FC Kopenhagen) und Nina Wörz (HK Randers) die Stützen des Teams durch das Stahlbad der besten Handball-Liga der Welt in Dänemark gegangen sind. Das Erreichen des Viertelfinals jedenfalls gilt aufgrund dieser Klasse und Homogenität jedenfalls als Pflicht. Und eine Kür in Paris erscheint nicht mehr utopisch.

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