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Spielmanipulationen? Die Fans haben Karabatic offenbar verziehen.

© dpa

Handball-Superstar des FC Barcelona: Nikola Karabatic lässt die Vergangenheit vergessen

Nikola Karabatic drohte das Karriereende – heute spielt der Franzose so dominant Handball wie nie zuvor. Am vergangenen Wochenende kam ein weiterer Titel hinzu.

Alle im weinrot-blauen Trikot wussten genau, bei wem sie sich zu bedanken haben. So stürmten sie dann auch zielsicher auf den Mann los, der bereits vor den Kameras stand. Während Nikola Karabatic Interviews gab, klopften ihm seine Teamkollegen vom FC Barcelona im Vorbeilaufen anerkennend auf die Schulter, einer nach dem anderen. Der beste Handballer seiner Zeit herzte ebenfalls jeden einzelnen, ehe er sich wieder den Problemen des Alltags widmete. „Ich glaube, dass ich bald einen größeren Schrank für meine Trophäen brauche“, sprach Karabatic, „im alten ist nicht mehr viel Platz.“

Der Franzose, 31, Sohn jugoslawischer Einwanderer, ist sehr früh auf höchstem Niveau aufgefallen. Mit Mitte 20 hatte er bereits eine Titelsammlung angehäuft, von der manche in ihrer Karrierebilanz träumen. Seit Sonntag hält er auch einen für seine Sportart bisher einmaligen Rekord: Mit dem französischen Nationalteam hat Karabatic nacheinander Olympia-Gold (2012), den EM-Titel (2014) und den WM-Titel (2015) gewonnen, mit dem FC Barcelona kam am Wochenende beim Finalturnier in Köln noch der größtmögliche Triumph im Vereinshandball dazu: der Sieg in der Champions League. Geradezu überflüssig zu erwähnen, dass der Rückraumspieler 2014 zum zweiten Mal zum Welthandballer gekürt wurde. Mit 31 Jahren steht das Ausnahmetalent von einst im Zenit seiner Schaffenskraft, und das ist, abgesehen von allen sportlichen Prognosen, doch zumindest erstaunlich.

Vor drei Jahren drohte Karabatic das Karriereende. Ihm und seinem Bruder Luka, damals Teamkollege in Montpellier, wurde vorgeworfen, absichtlich Punktspiele in der französischen Liga verloren zu haben, um Verwandten Wettgewinne von etwa 250 000 Euro zu ermöglichen. Nikola Karabatic, der in besagten Spielen verletzt fehlte, gab später zu, an den Wetteinsätzen beteiligt gewesen zu sein, nicht aber an der Manipulation selbst. Nach einem Gerichtsprozess kam er Anfang 2013 unter Auflagen und gegen Kaution wieder frei, wurde aber vorläufig gesperrt. Sein Ruf war ruiniert, vor allem in Frankreich. Also zog Karabatic weiter, zum FC Barcelona. Die Flucht aus Frankreich war auch der Versuch, den unrühmlichen Fall hinter sich zu lassen. „Ich werde nicht über gestern sprechen“, sagt Karabatic, „ich will die Zweifel mit Leistung ausräumen.“

Mittlerweile ist Karabatic auf dem besten Weg zurück zu alter Popularität

Mittlerweile ist er auf dem besten Weg zurück zu alter Popularität. Beim Medientag in Köln scharen sich die Reporter um ihn. Nacheinander an der Reihe sind: L’Equipe, EHF-TV, Canal+, ARD. Französisch, englisch, spanisch, deutsch. Karabatic wechselt mühelos zwischen den Sprachen. Seine Nase sieht ein wenig besorgniserregend aus von all den Verteidigerhänden, die er mit den Jahren abbekommen hat. Außerdem trägt er seit Längerem einen mächtigen Bart. Dahinter verstecken sich wache Augen und ein freundlicher Gesichtsausdruck. Karabatic beantwortet auch die 20. Nachfrage höflich, er lächelt oft, ist kurz seriös und macht dann wieder Witze. Schwer, so jemanden nicht zu mögen.

Das sehen auch große Teile des Publikums so. Beim Einlaufen seines Teams pfiffen die meisten der 20 000 Besucher in der Köln-Arena in alter Tradition lieber Siarhei Rutenka aus, Barcelonas aggressive leader, dem die Rolle des Bösewichts auch gefällt. Für Karabatic gab es dagegen – donnernden Applaus. Wer Handball-Fan ist, muss Karabatic und sein Spiel lieben, die enorme Physis, gepaart mit wilder Entschlossenheit und brillanter Technik. „Für mich ist er der dominanteste Halblinke, den es je gab“, sagt Barcelonas Kapitän Victor Tomas.

Genau deshalb haben sie ihn vor zwei Jahren nach Barcelona geholt: um den ohnehin luxuriösen Kader noch weiter aufzuwerten . „Der Druck war so groß“, berichtete Karabatic nach dem siegreichen Finale, Schweißperlen rannen von seiner Stirn. „Spanische Meisterschaft, spanischer Pokal, das ist normal“, sagte er noch, „das einzige, das man in diesem Klub gewinnen muss, ist diese verdammte Champions League.“

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