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Handball: Teurer Star und leere Kasse

Nach der Steuer-Razzia ist die Existenz von Handball-Klub Nordhorn bedroht.

Berlin - Gewundert haben sich Insider schon längere Zeit. Dass beim Handball-Bundesligisten HSG Nordhorn in finanziellen Angelegenheiten etwas nicht stimmen könne und das Finanzgebaren den EHF- Cup-Sieger schon bald einholen würde, war inoffiziell diskutiert worden. Am vergangenen Dienstag erhielten Verein, Trainer und Spieler unangemeldet Besuch von der Steuerfahndung. Es geht um den Verdacht der Schwarzgeldzahlung und Steuerhinterziehung.

Vor einigen Monaten noch war die Lizensierungskommission des Deutschen Handball-Bundes (DHB) nach dem Prüfen der Unterlagen über die Wirtschaftlichkeit des Vereins erneut zur Überzeugung gelangt, dass die Erstligazugehörigkeit gerechtfertigt sei. Dabei hatte die HSG Nordhorn sich 2002 schon einmal in einer die Existenz bedrohenden Lage befunden. „Wir haben Nordhorn am 15. Mai die Lizenz erteilt. Später, als die finanzielle Schieflage deutlich wurde und Spielergehälter nicht gezahlt wurden, haben wir gemeinsam mit den HSG-Verantwortlichen an einer Lösung des Problems gearbeitet“, sagt Frank Bohmann, der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), dieser Zeitung.

Die Lizenz, die der HSG im Mai für die gestern begonnene Saison erteilt worden ist, sei nicht an Bedingungen geknüpft gewesen. Die aktuellen Vorgänge, sagt Bohmann, „sind eine ernstere Angelegenheit, die die Lösung des ersten Problems nicht gerade beschleunigt“. Beides sei nicht voneinander nicht zu trennen.

Einen Tag vor dem ersten Saisonspiel gegen Minden hatten Steuerfahnder die Geschäftsräume der HSG durchsucht. Die Finanzbeamten beschlagnahmten Unterlagen beim Verein, bei zahlreichen Profis, die seit 2001 bei den Niedersachsen unter Vertrag stehen oder gestanden haben, sowie Spielerberatern. Auch die HBL-Zentrale in Dortmund war durchsucht worden. „Wir haben Zusammenarbeit angeboten“, sagt Bohmann. Er kündigt für diesen Donnerstag eine Stellungnahme an. Zuvor müssen die HSG-Verantwortlichen vor der Lizensierungskommission, die aus Bohmann, einem Wirtschaftsprüfer und einem Richter besteht, Rede und Antwort stehen.

Dass bei der HSG Nordhorn mit den größer werdenden Erfolgen der Blick für die Realitäten etwas verloren ging, ist offensichtlich. Frank Bohmann erklärt: „Handball boomt in Deutschland, und normalerweise können nicht alle Vereine dem schnellen Wachstum folgen. Das Ergebnis ist, dass einige mehr investieren, als es ihr Haushalt zulässt.“ In Nordhorn steht als Beispiel dafür Holger Glandorf. Der Weltmeister hat mittlerweile einen derart hohen Marktwert, dass ihn sich die HSG eigentlich nicht mehr leisten kann. Der Nationalspieler hatte seinen Vertrag im Oktober 2007 bis 2010 verlängert und ist mit geschätzten 250 000 Euro zum Spitzenverdiener aufgestiegen. Aber ohne den Star Glandorf hätte Nordhorn keinen Spitzenplatz in der Bundesliga belegt und keinen Europacup gewonnen.

Gleiche oder ähnliche Fälle hat es in der Handball-Bundesliga in den zurückliegenden Jahren beim SC Magdeburg, dem HSV Hamburg und dem VfL Gummersbach gegeben. Sie haben ihr Finanzgebaren korrigiert und gehören wieder zu den etablierten Teams. „Es lohnt sich, um jeden Verein zu kämpfen“, sagt Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse Berlin. Das seinem aufstrebenden Verein Ähnliches wie Nordhorn passieren könnte, schließt er aus. „Wir freuen uns über jede Prüfung“, sagt er. „Wir hatten schon zwei Umsatzsteuerprüfungen, mussten einmal 17 Euro zurückzahlen – das war’s.“

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