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Handball: Von Vorwürfen gestärkt

Die Attacken der Rhein-Neckar Löwen motivieren den THW Kiel in der Champions League. Beim 37:23-Sieg im Halbfinal-Hinspiel dominiert der Deutsche Meister.

Der Mann ist ein Vollprofi: 309 Länderspiele hat Christian Schwarzer absolviert, zudem knapp 600 Bundesligaspiele, und in den knapp 20 Jahren seiner Profikarriere als Handballer hat der mittlerweile 39-Jährige alles erlebt. Eigentlich kann ihn nichts schocken. Am Sonntagabend aber lagen die Nerven des Kreisläufers der Rhein-Neckar Löwen blank. Als das 23:37 (8:20) seines Teams beim THW Kiel besiegelt war und damit wohl auch die dritte Kieler Champions-League-Finalteilnahme in Folge, brüllte Schwarzer einige Medienvertreter an. „Wir alle sind hierher gefahren, um Sport zu treiben. Was haben wir Spieler denn mit dem anderen Scheiß zu tun?“, schrie er.

Die Fragen nach dem „anderen Scheiß“, die den Weltmeister von 2007 nervten, lagen indes auf der Hand. Nicht nur die 10 250 Zuschauer hatten ihre Stars lautstark unterstützt. Ganz offensichtlich hatten die handballpolitischen Scharmützel im Vorfeld dieses Duells alle Kieler Akteure zusätzlich angestachelt. „Man muss in der Kabine nur die Namen nennen, dann sind alle hochmotiviert“, erzählte THW-Coach Alfred Gislason. „Es hat uns auf jeden Fall angespornt“, berichtete Linkshänder Christian Zeitz. „Mit unserer Leistung wollen wir verhindern, dass diese Leute den Verein zerstören.“ Kreisläufer Marcus Ahlm sagte: „Die Sprüche im Vorfeld von Löwen-Gesellschafter Nielsen haben es uns sicher nicht schwerer gemacht, uns zu motivieren.“ Jesper Nielsen hatte eine harte Bestrafung des THW gefordert. Mindestens drei Jahre solle Kiel wegen der seit Anfang März schwelenden Manipulationsaffäre international gesperrt werden.

Trotz aller vorliegenden Indizien ist ungeklärt, ob der THW Kiel seit 2000 tatsächlich Spiele in der Champions League verschoben hat. Wenig spricht dafür, dass die Europäische Handball-Föderation (EHF) den Fall sanktioniert: Die Ermittlungen seitens des Champions-League- Veranstalters gehen sehr langsam voran. Am Freitag, knapp acht Wochen nach Bekanntwerden der Vorwürfe, entschied die EHF immerhin, dass es ein Schiedsgerichtsverfahren geben wird. Wie viel Zeit es in Anspruch nimmt, ist unklar. Auch wie die vielen anderen gemeldeten Bestechungsversuche, die im Rahmen des Skandals bekannt wurden, geahndet werden, ist offen. Obwohl er am Tag des Viertelfinalrückspiels Hamburg gegen Flensburg vor Ort war, flog der starke Mann der EHF, Generalsekretär Michael Wiederer, lieber zurück in die Wiener EHF-Zentrale. Es entsteht der Eindruck, dass Wiederer vor lästigen Fragen flüchtet.

Spätestens beim wahrscheinlichen Finale Kiel gegen Titelverteidiger Ciudad Real, das 30:29 in Hamburg siegte, werden die EHF-Funktionäre sich zu erklären haben. Zumal auch dieses Finale eine pikante Vorgeschichte aus dem Vorjahr besitzt. Der damals noch tätige THW-Coach Noka Serdarusic soll das Finale schon vor dem Rückspiel in Kiel (25:31) verloren gegeben haben, so berichtete er es drei Vertretern der Löwen, darunter Nielsen. Zuvor war laut Serdarusic der Versuch, die slowenischen Schiedsrichter zu bestechen, fehlgeschlagen. Seine Erklärung: Der Gegner sei ihnen zuvorgekommen.

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