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Baur

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Handball: Wenig Lust auf Lemgo

Eigentlich wollte Handballer Baur nie mehr in der Bundesliga spielen – doch nun hat er wohl keine Wahl.

Berlin - Nie mehr wollte Markus Baur im Verein Handball spielen. Im Dezember hatte der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft seinen Vertrag beim Schweizer Nationalligisten Pfadi Winterthur aufgelöst und einen Vertrag als Trainer beim TBV Lemgo unterschrieben. Der 37-Jährige soll die zuletzt schwächelnden Ostwestfalen bis 2009 in die Champions League führen. Seit dem Ende der Europameisterschaft in Norwegen ist der 228-malige Internationale ins Trainerfach gewechselt, und alle Welt rätselt seitdem, ob Baurs Versuch, dennoch als Kapitän das olympische Handballturnier in Peking vom 8. bis zum 24. August zu bestreiten, tatsächlich gut gehen kann. „Man hat gesehen, wie wichtig er für die Mannschaft ist“, hatte Bundestrainer Heiner Brand nach dem vierten Platz bei der EM erklärt, schon ziemlich genervt wegen der permanenten Nachfragen.

Dieser Dauerbrenner in den Medien, die mangelnde Matchpraxis des deutschen Kapitäns in der Rückrunde der Bundesliga, könnte sich allerdings nun in Wohlgefallen auflösen. Denn der TBV Lemgo hat Anfang der Woche bei der Deutschen Handball-Bundesliga (HBL) eine Spielberechtigung für seinen Kapitän beantragt und auch erhalten. „Er hätte theoretisch schon am Mittwoch spielen können“, bestätigt HBL-Spielleiter Uwe Stemberg. „Da Baur von Winterthur freigegeben wurde, war das kein Problem.“

Tatsächlich stand Baur auf dem Spielberichtsbogen bei Lemgos klarem 36:29-Heimsieg gegen den TV Großwallstadt, in der Vorbereitung auf das Spiel hatte er auch ein paar Bälle geworfen. „Aber nur als Gag“, versichert Baur. Denn der Aufbauspieler ist nach seinem Bänderriss aus dem letzten EM-Spiel noch nicht fit. „Ich konnte mich erst ein paar Mal warmlaufen. Das Ganze wird noch einige Wochen dauern.“

Große Sehnsucht nach einem Comeback als Vereinsprofi verspürt Baur ohnehin nicht. „Ich habe definitiv nicht vor, auch nur ein Spiel zu machen“, versichert der Weltmeister. Aber womöglich kann er es sich nicht aussuchen. Denn die etatmäßigen Aufbauspieler des TBV sind angeschlagen. Der Körper des Ex-Nationalspielers Daniel Stephan, der nach der Saison auf den Posten des Sportdirektors wechseln wird, streikt bei größerer Belastung sofort. Und Weltmeister Michael Kraus hat sich, nachdem ihn eine Grippe quälte, nun einen Muskelfaserriss in der Wade zugezogen. „Man stellt einen solchen Antrag nicht ohne Hintergedanken“, räumt Baur ein. Hinzu kommt, dass Kraus im Klub offenbar das nötige Selbstvertrauen fehlt, nachdem ihn der Bundestrainer nach der EM eine „Denkpause“ verordnet hatte. Kraus gehe nicht mit der nötigen Einstellung an den Leistungssport, lautete Ende Januar der Generalvorwurf.

Auf jeden Fall kann sich der Tabellensiebte Lemgo keinen Totalabsturz leisten: Die Sponsoren, die bei den Ostwestfalen jüngst eingestiegen sind, sehen den Klub zwar in einem Übergangsjahr. Aber die Teilnahme am EHF-Pokal sollte es angesichts der guten finanziellen Ausstattung schon sein – und die ist nach dem überraschenden Ausscheiden aus dem EHF-Pokal gegen Cismos Koper (Slowenien) und den Niederlagen in Melsungen und gegen die Rhein-Neckar Löwen stark gefährdet. Vor diesem Hintergrund sind die Maßnahmen der TBV-Verantwortlichen erklärlich. Vermutungen, dass Bundestrainer Heiner Brand dahinter stecke, weil er auf diese Weise das Dauerthema Baur aus der öffentlichen Debatte bekommen wolle, dementiert Baur jedenfalls: „Das ist nicht der Grund. Über dieses Thema habe ich mit Heiner überhaupt noch nicht gesprochen.“

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