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Doppelter Jubelschrei. Frankreichs Nationalspielerinnen Siraba Dembele (l.) und Grace Zaadi feiern den Gewinn des Weltmeistertitels.

© Axel Heimken/dpa

Handball-WM in Deutschland: 23:21 gegen Norwegen: Frankreich ist Weltmeister!

In einem hochklassigen Finale entscheidet die Defensivstärke der Französinnen. Der Deutsche Handball-Bund ist auch zufrieden.

Wenn Allison Pineau lächelt, fällt das auf. Frankreichs Rückraumspielerin offenbart dann immer eine schöne Lücke zwischen ihren oberen Schneidezähnen. Pineau ist 28 Jahre alt, ihr Spitzname ist "Bingo", warum auch immer. 2009 war das bis dahin erfolgreichste Jahr Pineaus, sie wurde mit der französischen Nationalmannschaft Vizeweltmeisterin und später zur Welthandballerin gekürt. Pineau gehört jener französischen Generation von Handballerinnen an, die allesamt exzellent ausgebildet sind. Wie bei den Männern legt der Französische Handballverband FFHB auch bei den Frauen sehr viel Wert auf individuelle Stärken. Die Selektion ist strikt, es gibt Zeiten, da sind etwa große Frauen und Linkshänderinnen besonders gefragt. Beim FFHB planen die Architekten schon früh die künftigen Erfolge, sie ahnen förmlich, welche Stellen einer intensiveren Betreuung bedürfen.

Bei den Männern ist das Kalkül bisher besser aufgegangen als bei den Frauen. 2003 waren die Französinnen letztmals und erstmals Weltmeister geworden, seither holten sie diverse Silber- und Bronzemedaillen. Zuletzt 2016: Dritter bei der Euro, Zweiter bei Olympia. Für den ganz großen Wurf waren in Frankreich eher die Männer zuständig. Eben jene Generation um Nicola Karabatic, die im Januar zuletzt Weltmeister im eigenen Land wurde.

Am Sonntag in Hamburg hatten die Handballerinnen der Grande Nation die Chance, zumindest für dieses Jahr den Ausgleich zu schaffen. Sie nutzten sie dann auch. 23:21 (11:10) gewann Frankreich gegen Norwegen, obwohl doch die von vielen Fans begleiteten Skandinavierinnen als Favorit galten. In den acht Spielen (binnen 14 Tagen) zuvor war Norwegens Offensivmaschine über alles hinweggewalzt, gegen Frankreichs einsatzfreudige und großgewachsene Abwehr aber ächzte sie bedenklich. Die Französinnen wiederum spielten ihre individuellen Stärken im Angriff besser aus und wirkten insgesamt stabiler.

Besonders Allison Pineau, die 1,81 Meter misst und in Zeiten ihre Ausbildung genoss, in denen offensichtlich gerade Rechtshänderinnen gefördert wurden, war in der Schlussphase entscheidend zur Stelle. Sie besorgte die französische 21:20-Führung, setzte das 22:20 obendrauf – und besaß dann auch noch die Coolness, ein norwegisches Offensivfoul zu provozieren. Für Norwegen hieß das: Rien ne va plus, während sich Frankreich wenig später die WM-Krone aufsetzen durfte.

"Wir haben unser Ziel erreicht", sagt DHB-Präsident Andreas Michelmann

Bereits in der ersten Minute eines insgesamt hochklassigen Finales deutete sich an, dass die Französinnen die richtigen Werkzeuge zur Abwehrarbeit ausgewählt hatten. Torfrau Amandine Leynaud parierte die ersten beiden Versuche der Norwegerinnen, während Frankreich zweimal einnetzte.

Angetrieben vor allem von Stine Bredal Oftedal, Veronica Kristiansen und Toptorschützin Nora Mørk zeigte Norwegen in der Folge die etwas ausgefeilteren Kombinationen, schaffte es aber nie, sich entscheidend abzusetzen. Eine zwischenzeitliche Drei-Tore-Führung hielt nicht, zur Pause führten die Französinnen. Und es blieb eng, so sehr, dass Weltklasse-Spielerinnen wie Mørk beim Siebenmeter die Nerven versagten. Und weil Frankreichs Defensivleistung auch in der Schlussphase stabil blieb, reichte Pineaus Abschlussstärke zum zweiten WM-Sieg nach 2003.

WM-Dritter wurde Vize-Europameister Niederlande durch ein 24:21 (14:8) über Schweden, die Deutschen dürfen sich über die gelungene Organisation des Turniers freuen; immerhin als Gstgeber glänzte man nach dem sportlichen Aus im Achtelfinale noch ein wenig.

"Wir haben unser erstes Ziel, ein guter Gastgeber zu sein, erreicht. Wir konnten in der Vorrunde mehr Zuschauer als erwartet in den Arenen begrüßen, unsere Investition bewegt sich im vorab kalkulierten Rahmen", sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Insgesamt besuchten 237 263 Zuschauer die 84 Endrundenspiele. IHF-Präsident Hassan Moustafa zeigte sich zum Abschluss sehr zufrieden. "Ein großes Lob an die deutschen Handballfans, die trotz des Ausscheidens ihrer Mannschaft in die Arenen gekommen sind. Es war eine großartig organisierte WM." Tsp

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