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Geschafft. Die deutschen Spieler bejubeln den Auftaktsieg.

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Update

Handball-WM in Katar: Alle auf Adrenalin: Deutschland besiegt Polen 29:26

In den Playoffs hatten sie noch verloren. Doch jetzt bei der WM in Katar gelingt den deutschen Handballspielern ein gutes Spiel gegen Polen.

Jens Schöngarth lächelte gezwungen und schüttelte den Kopf. Was für ein seltsamer Eingriff war das denn bitteschön!? Im ersten Spiel der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im viel diskutierten Ausrichterland Katar lief die 38. Minute, als ein Mitglied des Wettkampfgerichts die Bank im Allgemeinen und Schöngarth im Speziellen dahingehend ermahnte, dass sich doch alle ein wenig beruhigen mögen. „Ganz ehrlich: Ich wusste in dem Moment überhaupt nicht, was er von uns will“, sagte Schöngarth später. Sein Teamkollege Johannes Sellin dagegen kannte die Antwort: „Wir waren schwer auf Adrenalin unterwegs.“ Im Verlauf der Partie gegen Polen gab es bestimmt ein Dutzend Szenen, in denen alle Auswechselspieler und der Trainerstab geschlossen zum Jubel aufsprangen. „Aus dieser Geschlossenheit haben wir heute unsere Stärke bezogen“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer.
Sieben Monate nach den Play-offs zur Weltmeisterschaft revanchierte sich die deutsche Mannschaft gegen Polen für die seinerzeit empfindliche Niederlage, die dank einer umstrittenen Wildcard-Vergabe des Weltverbands schließlich doch nicht so viel ausmachte. Nach dem 29:26 (17:13)-Sieg über die vom deutschen Trainer Michael Biegler betreute polnische Auswahl hat die Nationalmannschaft nun ziemlich gute Chancen, die Vorrunde auf einem der vorderen Plätze abzuschließen – ein äußerst hilfreicher Umstand für das Achtelfinale. Neben Dänemark, das im direkten Anschluss sensationell einen Punkt gegen Argentinien abgab (24:24), galten die Polen als stärkster Gruppengegner. „Ich hatte vor dem Spiel ein gutes Gefühl – und das hat sich auch bestätigt“, sagte Bundestrainer Dagur Sigurdsson. „Wir hatten heute viele kleine Helden im Team“, ergänzte der Isländer.
Zum Beispiel Johannes Sellin. Der Linksaußen verwandelte beim Stand von 25:25 einen immens wichtigen Siebenmeter zur abermaligen Führung – dabei hatte er das Spielfeld in den 56 Minuten zuvor nicht ein einziges Mal betreten. Oder eben Jens Schöngarth. Der Rückraumspieler aus Lübbecke nutzte seine überschaubare Einsatzzeit für ein paar einschüchternde Kampfeinlagen im eigenen Mittelblock und erzielte einen für seine Verhältnisse ungewöhnlich eleganten Treffer. Oder Steffen Weinhold, den mit neun Treffern besten Werfer des Spiels. Oder Carsten Lichtlein, der nach 25 Minuten für den glücklosen Silvio Heinevetter ins Tor durfte und in der zweiten Halbzeit maßgeblichen Anteil am deutschen Auftaktsieg hatte. „Unsere Körpersprache war überragend, so muss das jetzt weitergehen“, sagte Heinevetter, „völlig egal, wer wann auf der Platte steht.“
Bundestrainer Sigurdsson begann ohne Überraschung und entsandte jene Formation aufs Feld, die sich bereits in der EM-Qualifikation und in den abschließenden Testspielen herausgebildet hatte. Von der erwarteten Defensivschlacht war zunächst allerdings nicht viel zu sehen – weil sowohl Polens Keeper Slawomir Szmal als auch Heinevetter, für gewöhnlich zwei der besten Vertreter ihres Berufsstandes, einen sehr gebrauchten Tag erwischten: Nach einer guten Viertelstunde waren bereits 18 Treffer gefallen (9:9). Dank eines starken Schlussspurts ging die deutsche Mannschaft mit einer Vier-Tore-Führung in die Pause. Eine recht komfortable Führung, oder?
Nicht im Handball. „Es war klar, dass die Polen noch einmal zurückkommen würden“, sagte Sigurdsson. Zum ersten Mal gelang ihnen das auch rein statistisch beim 20:20 (41.). Beim zweiten Ausgleich zum 25:25 schien die Begegnung dann endgültig zu kippen. „Das war kritisch, da haben wir großen Charakter gezeigt“, lobte der Bundestrainer. Unter seinem Vorgänger Martin Heuberger spielten sich die Deutschen in diesen Phasen regelmäßig im Kopf und Kragen – am Freitag behielten sie die Nerven: Nach Sellins Siebenmeter trafen noch Michael Kraus und Steffen Weinhold zum 29:26-Endstand.
Am Sonntag trifft die Nationalmannschaft nun an gleicher Stelle auf Russland (17 Uhr MEZ, live bei Sky). „Heute dürfen wir uns freuen“, sagte Teammanager Oliver Roggisch zum Abschluss eines nervenaufreibenden Tages, „aber wir sollten nicht vergessen, dass wir erst ein Spiel bestritten haben.“

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