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Hanke

© dpa

Hannover 96: Nur nicht aufhalten

Hannover 96 hat mit Mike Hanke den teuersten Transfer der Vereinsgeschichte getätigt - das zeigt, dass der Klub höhere Ziele verfolgt.

Was hat sich verbessert?

Hannover 96 kann mit einiger Berechtigung für sich in Anspruch nehmen, was alle Klubs vor der neuen Saison behaupten: dass sich die Qualität im Kader verbessert hat. Die Stammelf ist komplett zusammengeblieben, dazu wurde der Kader punktuell verstärkt, und zwar vornehmlich mit deutschen Spielern. Das erleichtert nicht nur den Fans die Identifikation, sondern auch Trainer Dieter Hecking die Arbeit. In den Testspielen war bereits zu sehen, dass die Mechanismen anfangen zu greifen. Aber was heißt das schon in der Vorbereitung? Vor einem Jahr verloren die 96er auch nur ein Testspiel in der Saisonvorbereitung – und starteten dann mit drei Niederlagen in die neue Spielzeit.

Wer sind die Stars? Wenn ein Verein den teuersten Transfer seiner Geschichte getätigt hat, erübrigt sich diese Frage eigentlich. Als im Frühjahr erste Spekulationen über den Wechsel von Mike Hanke nach Hannover aufkamen, hat Sportdirektor Christian Hochstätter das noch belustigt zur Kenntnis genommen: Ein Klub wie 96 könne es sich gar nicht leisten, einen Nationalspieler aus seinem Vertrag herauszukaufen. Genau das aber haben die Hannoveraner nun getan. Die Ablösesumme für Hanke ist laut Hochstätter allerdings geringer ausgefallen als die kolportierten 4,5 Millionen Euro. Perspektivisch könnte dem Zugang aus Wolfsburg noch Konkurrenz aus dem Altbestand erwachsen. Mittelfeldspieler Jan Rosenthal wird eine ähnliche Entwicklung zugetraut wie Per Mertesacker: aus der 96-Jugend in die Nationalmannschaft. „Wir werden ihn nicht aufhalten“, sagt Christian Hochstätter. „Er ist auch nicht aufzuhalten.“

Wie sicher ist der Job des Trainers? Traditionell gibt es im deutschen Fußball kaum einen schwierigeren Arbeitsplatz als den des Trainers bei Hannover 96: Zum dritten Mal hintereinander gehen die 96er mit neuem Coach in die neue Saison. Dieter Hecking hat gute Chancen, diese Serie zu durchbrechen und auch im nächsten Sommer noch die Vorbereitung zu leiten. Für die Verpflichtung des früheren 96- Spielers hat sich vor knapp einem Jahr vor allem der allmächtige Klubchef Martin Kind verwandt, und bisher hat Hecking die Erwartungen erfüllt. Er hat die Mannschaft nicht nur souverän aus dem Abstiegskampf befreit, sondern deren Spiel auch ein moderneres Design verpasst.

Welche Taktik ist zu erwarten? Hecking liebt das schnelle, direkte Spiel, und bisher glaubte er, dieses Ziel vor allem mit dem italienischen Weltmeistersystem, dem 4-2-3-1, verwirklichen zu können. „Man sollte die Systemfrage nicht überstrapazieren“, sagt Hecking. Mit den Transfers dieses Sommers sind verschiedene Systeme möglich. Selbst innerhalb eines Spiels soll die Mannschaft flexibel reagieren können. Möglich ist auch ein 4-4-2 mit Hanke und Benjamin Lauth als Doppelspitze, zudem ein 4-3-3 oder als offensivste Variante ein 4-1-3-2.

Wer hat das Sagen im Verein? Zurzeit hat es den Anschein, als könnte es bei Hannover endlich ein gesundes Gleichgewicht der Kräfte geben. Hochstätter und Hecking harmonieren in sportlichen Fragen prächtig – und Martin Kind hält sich angenehm zurück. Wer bei 96 wirklich das Sagen hat, zeigt sich aber erst, wenn es sportlich nicht so richtig läuft und Kind sein Lebenswerk in Gefahr sieht.

Wie ist die Stimmung im Stadion? Momentan sind die Fans wieder einmal euphorisch wie lange nicht: Wenn die Mannschaft heute gegen den spanischen Rekordmeister Real Madrid spielt (20.30 Uhr, live in N3), ist das Stadion in Hannover wohl ausverkauft. Jeder Saisonstart ist auch ein kleiner Neubeginn, und den können sie bei 96 gut gebrauchen. Das Verhältnis zwischen Verein und Fans war in der jüngeren Vergangenheit nicht immer frei von Konflikten. Erst am letzten Spieltag der vorigen Saison gab es wieder Ärger: Weil die Mannschaft mit einem 0:3 gegen Nürnberg ihre Chance auf den UI-Cup verbaselte und die Fans entsprechend wütend reagierten, beschlossen die Spieler, die Saisonabschlussfeier zu boykottieren. In der Regel aber richtet sich der Ärger der Anhänger nicht gegen die Mannschaft, sondern gegen Martin Kind und seine ökonomische Sicht auf den Fußball. Die Fans fühlen sich als Kunden missbraucht. Immerhin hat der Klub zur besseren Kundenbetreuung jetzt einen Fanbeauftragten eingestellt.

Welche Platzierung ist zu erwarten? Seitdem Hannover vor fünf Jahren in die Bundesliga aufgestiegen ist, hat sich das Saisonziel des Klubs im Grunde nicht verändert: 96 wollte immer nur so schnell wie möglich 40 Punkte holen, um nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Inzwischen hat der Verein in diesem Denken einen Hemmschuh für die weitere Entwicklung ausgemacht. „Wir müssen uns vor Dortmund oder Hamburg nicht verstecken“, sagt Hochstätter. Hannover könnte in dieser Saison tatsächlich das werden, was der 1. FC Nürnberg in der vergangenen war: eine der positiven Überraschungen der Bundesliga. Das Wesen der Überraschung aber ist nun mal – das Überraschende. Erwarten lässt sie sich nicht.

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