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Vergebliches Strecken. Auch dieses Handspiel half Hannovers Didier Ya Konan (l.) nicht gegen Jefferson Farfans Schalker. Foto: AFP

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Hannover 96 - Schalke 04 0:1: Raul reißt Hannover aus allen Träumen

Ein Tor von Superstar Raul beim 0:1 gegen Schalke 04 stoppt den Höhenflug von Hannover 96. "Das Selbstvertrauen ist plötzlich wieder da", sagt Schalkes Verteidiger Metzelder.

Von Christian Otto

Nach einer Schlussphase, die mit seinem Festival der schönen Paraden endete, setzte Manuel Neuer ein diebische Grinsen auf. „Es hat alles gepasst“, sagte Deutschlands bester Torhüter und sah äußert zufrieden aus. Neuer hatte in den letzten Minuten einer umkämpften Partie so lange nach dem Ball gefaustet und geschlagen, bis das ein wenig glückliche Erfolgserlebnis für den FC Schalke 04 endlich perfekt war. Der 1:0-Auswärtssieg bei Hannover 96, dieser zuletzt am meisten bestaunten Mannschaft der Fußball-Bundesliga, entsprang einem Hauch von Abgeklärtheit, die den Schalkern zuletzt gefehlt hatte.

Ein Treffer des starken Raúl in der 33. Minute reichte, um dem hannoverschen Ballzauber ein Ende zu bereiten. Und für Hannover 96 war es ein Nachmittag zum Verzweifeln. Was auch immer die dominanten Niedersachsen anstellten: Sie konnten sich gegen die konzentrierten Schalker mit dem starken Neuer und dem überragenden Christoph Metzelder nicht durchsetzen. „Ich habe keine Lust mehr, in der unteren Hälfte der Tabelle zu stehen“, sagte der Innenverteidiger voller Optimismus. „Man muss sich nur unsere Körpersprache anschauen. Das Selbstvertrauen ist plötzlich wieder da.“

Auf das Experiment, das 96-Trainer Mirko Slomka mit der Beförderung des 21 Jahre alte Ron-Robert Zieler zum Stammtorhüter gestartet hatte, fanden die Schalker eine joviale Antwort. Ihr Coach Felix Magath hatte dem 17 Jahren jungen Julian Draxler zum Debüt in seiner Startelf verholfen. Der flinke Linksfuß verblüffte die Mehrheit der 49  000 Zuschauer mit frechen Dribblings, zahlreichen Übersteigern und der gekonnten Einleitung des Siegtreffers. Seinem geschickten Pass in die Spitze ließ Lukas Schmitz eine Flanke folgen, die in Torjäger Raúl einen dankbaren Abnehmer fand. Der Spanier ließ Zieler keine Chance.

Der Treffer der Schalker kam wie ein Dämpfer für eine Stadt und eine ganz Region daher, die ins Träumen gekommen ist. Der Höhenflug von Hannover 96 müsste dazu verführen, die Saisonziele eines lange Zeit irrtümlich als Absteiger gehandelten Klubs zu korrigieren. Aber gegen Schalke stießen die Niederachsen nach langer Zeit vor heimischen Publikum wieder an ihre Grenzen. Und hinter den Kulissen überlagert das Pokerspiel von Slomka, der seinen ausverhandelten Arbeitsvertrag immer noch nicht unterschrieben hat, ein lange Zeit unbekanntes Glücksgefühl über den zweiten Tabellenplatz. „Ich verspüre überhaupt keinen Druck, sofort zu unterschreiben“, versichert der 43-Jährige und will sich heute jenes Angebot in Ruhe durchlesen, das seine Weiterbeschäftigung regelt.

Slomka ziert sich mit seinem 96-Bekenntnis erstaunlich lange. Seine Historie beim FC Schalke, mit dem er Vizemeister geworden ist und danach trotz passabler Erfolge entlassen wurde, scheint ihn skeptisch zu machen. Slomka möchte bleiben, aber auch eine Perspektive für gehobene Ansprüche in Aussicht gestellt bekommen.

Dass Slomka in Magath am 19. Spieltag seinen Meister gefunden hat, lag an einer Niederlage im Duell der taktischen Systeme. Beide Mannschaften versuchten es mit einem entschlossenen Pressing und ließen ihr Gegenüber nicht zur Entfaltung kommen. Magath hatte seiner Elf genau jene Taktik verordnet, die sonst Hannover als Außenseiter perfektioniert. Tief stehen, Ball erobern, dann kontern: Genauso funktionierte mit Klaas-Jan Huntelaar als einziger Spitze der gewünschte Schachzug. „Wir haben tief gestanden und 96 spielen lassen“, berichtete Torhüter Neuer genüsslich. Und vorne glänzte Raúl hinter Huntelaar als eine Mischung aus Ballverteiler und hängendem Stürmer. Der Routinier angelte sich mehrfach die Bälle schon an der Mittellinie, um sie zu verteilen und dann Sekunden später vor dem gegnerischen Tor wieder als Abnehmer bereit zu stehen.

Dem letzten Aufbäumen des Gastgebers, bei dem Torjäger Didier Ya Konan nicht zur Entfaltung kam, hatten die Schalker ihren fehlerlosen Rückhalt entgegenzusetzen. Neuer fing zwar nicht jeden Ball, sondern rettete sich häufig mit Faustparaden aus brenzligen Situationen. Aber der Nationalspieler lenkte auch Hannovers beste Torchance bei einem Fernschuss von Sergio Pinto über die Latte. „Wir haben leidenschaftlich gespielt und alles gegeben“, sagte 96-Kapitän Steven Cherundolo. Sein Team mühte sich redlich, spielte überlegen, aber kennt nun auch das Gefühl, wie es ist, an einem klug abwartenden Rivalen zu scheitern.

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