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Lächelnd durch die Krise. Marc Fascher, neuer Trainer des FC Hansa.

© dpa

Hansa Rostock: Führungslos in die Stunde null

Hansa Rostock hat einen neuen Trainer, der auch schon markige Worte findet. Trotzdem steckt der ostdeutsche Traditionsverein weiterhin in der Führungskrise. Sogar der Vorstand könnte noch kippen.

Dass sich ein neuer Trainer bei seiner Vorstellung kämpferisch gibt, ist nicht ungewöhnlich. Der erste öffentliche Auftritt von Marc Fascher allerdings war dennoch bemerkenswert. Der Nachfolger des entlassenen Wolfgang Wolf wählte bei seinem Amtsantritt als Trainer des Fußball-Drittligisten Hansa Rostock markige Worte. Fascher sagte Dinge wie: „Hansa Rostock ist ein geiler Verein“ oder aber: „Die Stadt lebt den Verein, und ich lebe den Fußball. Ich bin 24 Stunden am Tag für den Verein da – und wenn es sein muss auch 25 Stunden.“ Hier möchte einer antreiben, motivieren, Begeisterung wecken. Und einem Klub neues Leben einhauchen.

Denn es steht nicht gut um den Traditionsverein Hansa Rostock. Nach acht Spieltagen liegt der Zweitliga-Absteiger mit nur neun Punkten auf dem 14. Tabellenplatz. Das – wenn auch eher verhalten formulierte – Saisonziel Wiederaufstieg ist nach zum Teil sehr schwachen Auftritten der Mannschaft in weite Ferne gerückt. Trainer Wolfgang Wolf musste für den Fehlstart geradestehen: Nur neun Monate nachdem er sein Dienst antrat, wurde er Anfang der Woche beurlaubt. Wolf ist damit einer von vielen Hansa-Trainern der vergangenen Jahre, der nach kurzer Zeit an der Ostseeküste gescheitert ist.

Dabei ist es aber nicht nur die sportliche Misere, die dem Verein zusetzt und die Zuschauer fernhält (das letzte Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden sahen 6500 Zuschauer). Zugleich leidet Hansa Rostock unter einer Führungskrise, die mittlerweile existenzbedrohend ist. Anfang Juni trat Stefan Beinlich nach zweijähriger Amtszeit als Manager zurück. Nachdem die Planungen für die neue Saison abgeschlossen waren, zog er mit diesem Schritt die Konsequenz aus dem Wiederabstieg in die Dritte Liga. „Ich trage dafür die Verantwortung und kann nicht einfach so tun, als sei nichts geschehen“, sagte Beinlich damals.

Der Klub schien gerade auf dem Weg der Besserung

Die Suche nach einem Nachfolger ist für den Verein inzwischen eine Zerreißprobe. So lehnte der Aufsichtsrat vor knapp zwei Wochen einen ersten Vorschlag von Klubchef Bernd Hofmann ab. Nur noch bis Mittwoch hat Hofmann nun Zeit, einen neuen Kandidaten zu präsentieren, der dem Aufsichtsrat genehm ist. Gelingt ihm das nicht, wäre sowohl seine Amtszeit als auch die des gesamten Vorstands gemäß Satzung beendet. Der Verein wäre dann mit einem Mal komplett ohne Führung.

Hofmann versucht es angesichts der dramatischen Lage mit Deeskalation. Er sagt lediglich: „Das ist eine unschöne Situation.“ Hofmann kommentiert auch nicht die diversen Namen, die als Beinlich-Nachfolger kursieren. „Dazu möchte ich öffentlich nicht Stellung nehmen“, sagt er. Offenbar aber favorisiert der Aufsichtsrat einen Kandidaten, der wiederum nicht die Zustimmung des Vorstandes findet. Stürzt diese Machtfrage zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, der eigentlich nicht für das operative Geschäft zuständig ist, Hansa Rostock in ein Chaos mit unabsehbaren Folgen?

Dabei schien der hoch verschuldete Klub gerade auf dem Weg der Besserung. Gegen Ende einer sportlich enttäuschenden Saison, in der der Verein immer wieder mit Problemfans zu kämpfen hatte, konnte Rostock erst in diesem Frühjahr eine Insolvenz nur dank der Unterstützung von Stadt, Land und weiteren Gläubigern abwenden. Entwarnung kann längst noch nicht gegeben werden. „Es ist eine schwierige Zeit. Wir befinden uns in einem Konsolidierungsprozess. Wir müssen einen Spagat schaffen zwischen sportlichen Ansprüchen und wirtschaftlicher Realität“, sagt Hofmann.

Wohin die Reise des Vereins geht, der vor nicht allzu langer Zeit zehn Jahre ohne Unterbrechung in der Ersten Bundesliga gespielt und ein Stadion nach neuesten Standards gebaut hat, ist ungewisser denn je. Der neue Trainer versucht indes, Mut und Zuversicht zu verbreiten. Marc Fascher sagt kämpferisch: „Wir fangen bei null an. Die Situation ist nicht leicht. Aber einfach kann jeder.“

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