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Spiel mit dem Feuer: Die Choreographie eines Fanklubs von Hansa Rostock sorgt für Schlagzeilen.

© Fabrizio Bensch/REUTERS

Hansa Rostock und die rechte Fan-Choreo: Wachsweich und verantwortungslos

Hansa Rostock wischt die Verantwortung für die rechtsextreme Choreographie beiseite. Das ist ein fataler Ausdruck falsch verstandener Toleranz. Ein Kommentar.

Natürlich haben die Vereinsverantwortlichen in Rostock gemerkt, dass da am Montag im eigenen Stadion mächtig was schiefgelaufen ist. Bei der 0:1-Niederlage im Pokalspiel gegen den VfB Stuttgart hatte es vor dem Spiel eine große Choreographie mit eindeutig rechtsextremer Symbolik gegeben. Im Nachhinein geben sich Offizielle nun reumütig und nennen das Schauspiel „deplatziert“ oder „hässlich“. Die Frage nach der eigenen Verantwortung an der ganzen Sache wird aber beharrlich beiseite geschoben.

In seinen Statements verweist der Klub darauf, dass es sich nicht um eine offizielle Choreographie des Vereins gehandelt habe, sondern um die eines Fanklubs. Tatsächlich hatte der Verein vorab jedoch Kenntnis von den Inhalten der Choreographie, er hat sie ja sogar genehmigt. Hätte der Verein dem Ganzen da nicht einfach einen Riegel vorschieben und sagen können: „So was wollen wir bei uns im Stadion nicht“?

Natürlich hätte er das. Fußballvereine sind schließlich nicht dazu verpflichtet, alle Fanaktionen brav durchzuwinken. Im Gegenteil: Vielmehr lassen sie sich gerne bis ins letzte Detail erklären, was die Fans dabei so vorhaben, um auch ja die Kontrolle über die Geschehnisse im Stadion zu behalten.

Warum also hat Hansa Rostock in diesem Fall die Choreographie durchgehen lassen? Die Verantwortlichen ziehen sich auf eine beliebte pseudoliberale Position zurück: Die „persönliche Auffassung und Haltung zu Inhalten“ sei nicht entscheidend für die Genehmigung einer Choreographie, als „demokratischer Verein in einer demokratischen Gesellschaft“ müsse man auch Dinge tolerieren, „wenn man diese persönlich nicht gut findet“. In anderen Worten: Da kann man nichts machen, wir sind da leider vollkommen machtlos, das ist nun mal Demokratie, und was nicht verboten ist, das muss man eben so hinnehmen.

Was für eine wachsweiche und verantwortungslose Position für einen Verein, der sich selbst als aktive Organisation versteht und in seinem Stadion das Hausrecht ausübt. Wenn ein Verein nicht möchte, dass in seinem Namen rechte Symbolik verbreitet wird, dann muss er das nicht dulden. Dann kann er dagegen vorgehen. Oder – wie in diesem Fall – schon im Vorhinein dafür sorgen, dass es gar nicht erst so weit kommt. Dabei geht es nicht um falsch verstandene Toleranz oder Demokratie, sondern um Verantwortung und Handlungsmacht.

So muss man leider davon ausgehen, dass den Verantwortlichen von Hansa Rostock die Sensibilität für die Inhalte der Choreographie abgeht. Oder – noch fataler – man sie gar nicht erst als sonderlich problematisch empfindet. Nach Informationen der „Ostsee-Zeitung“ wurde die Choreographie von einem Mitglied des Aufsichtsrates mit auf den Weg gebracht. Das klingt düster.

Einen Hoffnungsschimmer bringt da vielleicht der Blick nach Sachsen: Dort hat der Chemnitzer FC in der letzten Woche gezeigt, wie man mit rechten Umtrieben im Verein umgehen kann, und hat sich von seinem Kapitän Daniel Frahn getrennt, der mit der rechten Fanszene sympathisierte. Ausgerechnet Chemnitz, könnte man fast sagen. Dort haben die Verantwortlichen lange Zeit die Vorkommnisse rund um den Verein verharmlost und heruntergespielt. Erst nachdem die Vorfälle für so viel öffentliches Entsetzen sorgten, dass sie sich nicht mehr ignorieren ließen, ist der Verein aufgewacht. In Rostock muss es hoffentlich nicht erst genauso weit kommen.

Leonard Brandbeck

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