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Denker und Lenker. Harold Kreis coacht Mannheim und holte in seinem ersten Jahr als Trainer in der DEL die Vizemeisterschaft mit der Düsseldorfer EG.

© dpa

Harold Kreis: Eine Mannheimer Legende

Mannheims Trainer Harold Kreis kann in der Finalrunde gegen die Eisbären der erste Meistertrainer in der DEL werden, der bereits als Spieler den Titel holte. Doch die Berliner haben etwas dagegen.

Von Katrin Schulze

Am Ende geriet das Kunststück noch einmal in Gefahr. Und Harold Kreis war außer sich. Er sprang im Rücken seiner Profis auf die Auswechselbank und brüllte seinen Untergebenen wie ein König von oben Befehle entgegen. Doch obwohl die Eisbären das Tor seiner Mannschaft nur so bestürmten, gelang Kreis mit den Adler Mannheim schließlich das, was acht Jahre lang keiner mehr fertiggebracht hatte. Der 53 Jahre alte Coach gewann ein Finalspiel in Berlin – und hat sich damit für sein eigentliches Meisterstück qualifiziert. Nach dem 2:1-Erfolg vom Freitagabend hat Harold Kreis nun die große Chance, mit dem selben Klub als Trainer die Meisterschaft zu holen, mit dem er bereits als Spieler Titel gewann. Es wäre ein Novum in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL).

Kreis und Mannheim. Diese Liaison begann auf eine Art, die im Eishockey der Neuzeit zwar reichlich witzig, aber eben auch reichlich unwirklich daherkommt. 1978 war es, als die Mannheimer die Ausländerbegrenzung unterlaufen wollten und infolge ihres Bundesliga-Aufstiegs in Richtung Kanada reisten, um dort brauchbare Spieler mit deutschen Vorfahren zu suchen. Leute wie Harold Kreis. 19 Jahre lang spielte der Verteidiger aus Winnipeg daraufhin in Deutschland – immer für denselben Verein. Und das so erfolgreich, dass sie sein Trikot mit der Nummer drei nach 891 Begegnungen und zwei Meisterschaften unter die Hallendecke der Mannheimer Arena zogen.

Der Spieler Kreis ist dadurch berühmt geworden, dass er länger als alle anderen auf dem Eis blieb, und irgendwie wird er das mit der guten Kondition wohl nicht mehr los. Während sein Gegenüber von den Eisbären, Don Jackson, die Spiele seiner Mannschaft meist ziemlich regungslos verfolgt, tigert Mannheims Coach hinter der Bande auf und ab. Besonders, wenn es so aufregend ist wie beim dritten Finalduell am Freitag.

„Ich habe selten so viel Willen in einem Spiel gesehen wie in diesem“, sagte Kreis. „Hier standen sich zwei Mannschaften gegenüber, die unbedingt den Erfolg wollen.“ Doch es ist allein seine Mannschaft, die nun am Sonntag vor heimischem Publikum (16.30 Uhr, live bei Sky) den sechsten DEL-Titel perfekt machen kann.

Es gelingt in der Sportwelt nicht sehr vielen, als Spieler und als Coach Spitzenleistungen zu bringen. Und tatsächlich war die Trainerkarriere des Harold Kreis auch beschwerlicher als die des Profis. „Es gab eine Zeit, in der ich überhaupt keinen guten Ruf hatte in Deutschland“, sagt er rückblickend. Erst über Assistenzstellen, die Zweite Liga und die Schweiz kam er ganz oben an. Dann aber richtig.

Bis heute hält sich das Gerücht, dass Kreis mehr war als nur der Assistent von Bundestrainer Uwe Krupp bei dem sensationellen Halbfinaleinzug der deutschen Nationalmannschaft während der Heim-WM 2010. Wie seinerzeit Joachim Löw unter Jürgen Klinsmann gilt Kreis als der gar nicht so heimliche Macher.

Dass es nicht zur Anstellung als Chef-Bundestrainer langte, lag an den Adlern, die ihn nicht ziehen lassen wollten. Bis 2014 haben sie den Deutsch-Kanadier an sich gebunden. Anders als viele seiner Mannheimer Vorgänger hat Kreis es im Frühjahr der Saison 2011/12 offenbar geschafft, aus einem Haufen Exzentriker und Einzelkünstler ein richtiges Team zu formen – auch wenn das nicht immer einfach war. Über den zweimaligen Torschützen vom Freitag, Yanick Lehoux, beispielsweise sagt der Trainer: „Er hat mich viele graue Haare gekostet, aber jetzt hat er mich glücklich gemacht.“

Wie glücklich Harold Kreis wohl erst wäre, wenn ihm am Sonntag wirklich sein Meisterstück gelänge? Ein Sieg fehlt in der Best-of-five-Serie gegen die Eisbären noch, bis die Geschichte vollendet wäre. Bis Harold Kreis dort den Pokal entgegennimmt, wo einmal die große Karriere eines jungen Eishockey-Einwanderers begann.

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