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HAWK-EYE: Folge13: Basiswissen

Jedes Grand-Slam-Turnier ist eine kleine Welt für sich. Von Eindrücken, Kuriositäten und kleinen Geschichten am Rande der US Open erzählt an dieser Stelle täglich Anke Myrrhe, live aus New York.

Wer nicht fragt, bleibt bekanntlich dumm. Diese schlaue Sesamstraßen-Phrase kann auch unter erwachsenen Journalisten durchaus als antreibender Leitsatz gelten. Bloß nicht zögern – wer eine Frage an einen Sportler hat, der sollte sie auch stellen, wenn er den Betroffenen schon mal vor dem Mikro, der Linse oder dem Block hat.

Aber Vorsicht. Tennisprofis bekommen über die zwei Wochen eines Grand-Slam-Turniers ziemlich viele Fragen gestellt, weshalb es durchaus hilfreich sein kann, seine Frage vorher durch ein Mindestmaß an Recherche abzusichern. Mindestens fünf Mal musste Rafael Nadal bei den US Open mitteilen, dass er es leid sei, über Verletzungen zu reden und Kim Clijsters erzählte noch ein paar Mal öfter, dass nun ihr Leben mit ihrer Tocher Jada auf der Tour wesentlich organisierter ablaufen müsse als früher, als sie mehr „mit dem Flow“ gegangen sei. Die beiden ertrugen diese wiederholten Fragen sehr professionell, wie auch beispielsweise Roger Federer immer höflich jede Frage (abwechselnd in vier Sprachen) beantwortet, auch wenn es die gleiche ist, wie schon vor zehn Minuten.

Als kürzlich eine Journalistin den Schweizer fragte, wann er das letzte Mal Schach gespielt habe, stutzte der Weltranglistenerste jedoch kurz. Sie habe erfahren, erklärte die Kollegin, dass Federer gern zur Vorbereitung auf seine Matches Schach spiele. „Schach?“, fragte er ungläubig. Ja…Schach, die Kollegin wurde unsicherer. Federer überlegte kurz und sagte dann: „Ich glaube, ich habe seit ungefähr 15 Jahren kein Schach mehr gespielt.“

Ob nicht vielleicht das tagelange schlechte Wetter dazu geführt habe, dass sie auf dem Platz die Beherrschung verlor, wurde Serena Williams nach ihrer Niederlage gegen Kim Cijsters gefragt. „Was?“, fragte Williams. „Das ist so ziemlich die verrückteste Frage, die ich jemals gehört habe. Wie soll denn das Wetter mich die Beherrschung verlieren lassen?“

Manchmal sind die Profis allerdings auch selbst schuld daran, dass Verwirrung entsteht. So sagte beispielsweise Thomas Haas nach seiner Drittrundenniederlage gegen Fernando Verdasco, er könne sich an viele Punkte nicht mehr genau erinnern, er müsse sich das Match erst noch einmal anschauen. „Ach, Sie schauen sich solche Matches hinterher noch einmal an?“, frage daraufhin eine Kollegin. „Jaja“, antwortete Haas. „Das gesamte Match?“, fragte sie ungläubig weiter und der Deutsche sagte trocken: „Ja, so in zehn bis fünfzehn Jahren werde ich sichern noch mal reinschauen.“

Regelrecht ungehalten wurde Marat Safin, den es gewaltig nervte, dass nach der Bekanntgabe seines Karriereendes viele wissen wollten, was er denn jetzt tun werde. „Ich weiß es noch nicht“, sagte der Russe. „Die Fragen sind doch immer dieselben. Gehen Sie doch bei Google nachschauen, da finden Sie die gleichen Antworten schon hundert Mal.“ Jemand traute sich noch zu erzählen, dass Novak Djokovic gesagt habe, Safin wolle nun – wo er so viel Zeit habe – einen Berg in Südamerika besteigen. „Ach und Djokovic ist hier Breaking-News, oder was? Der sollte sich lieber auf seine Matches konzentrieren“, entgegnete der Russe, der bei seinem letzten Auftritt auf ganz großer Bühne verbal noch einmal so richtig loslegte.

Richtig böse reagierte auch Fernando Gonzales, als ihn nach seiner Niederlage gegen Rafael Nadal jemand fragte, warum er das Davis-Cup-Halbfinale mit Chile abgesagt hatte. Ob er verletzt sei. „Ich habe diese Frage schon nach meinem ersten Match hier beantwortet und finde, als Journalist sollten Sie darüber Bescheid wissen. Da ist doch Ihre Arbeit oder? Es gibt viele Informationen darüber.“ Das tat weh. Doch es kann jedem passieren, mal nicht auf dem neuesten Informationsstand zu sein. Das ist nicht der Gipfel der Peinlichkeit.

Den musste bei den US Open eindeutig Andy Murray erleben, als ihn ein Amerikaner fragte, wer eigentlich dieser Fred Perry sei, dem der Schotte da nacheifere. „Meinen Sie das ernst?“, fragte Murray sichtlich schockiert nach. Als sich herausstellte, dass dies tatsächlich eine ernstgemeinte, durch Neugierde angetriebene Frage war, lachte Andy Murray nur noch und verweigerte die Antwort. Später ließ er sich aber auf seiner Twitter-Seite darüber aus. „Wie kann man über Tennis berichten und das nicht wissen?“ schrieb Murray.

Peinlich, peinlich. Ein wenig Vorsicht ist schon geboten. Denn es gibt sie eben doch, die dummen Fragen.

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