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Sport: Held mit Handicap

Hürdenläufer Felix Sanchez läuft von Sieg zu Sieg – und wird doch immer an eine Niederlage erinnert

Von Ingo Wolff

Berlin. Für nahezu jeden Nachwuchssportler ist eine langwierige Verletzung ein Schicksalsschlag. Eine gebrochene Hand kann schnell zum Karrierekiller werden. Auch für Felix Sanchez bedeutete ein Handbruch das Ende seines Jugendtraums. Der 25-Jährige wollte wie viele Jungs aus der Dominikanischen Republik Baseballer werden. „Baseball ist für die Dominikaner eine Religion", sagt Sanchez, der als Neunjähriger mit seinen Eltern nach New York auswanderte und dort in schwierigen Verhältnissen aufwuchs. Er brach sich im Schulsport beim Ringen seine Hand und konnte fortan nicht mehr Werfen und Schlagen.

Doch genau dieses Handicap war erst der Beginn einer großen Karriere. „Mein Trainer sagte mir: Bei der Leichtathletik brauchst du deine Hand nicht“, erzählt Sanchez. „Also bin ich zur Leichtathletik gegangen.“ So wurde er zu einem herausragenden 400-m-Hürden-Läufer. Seit Juli 2001 ist er ungeschlagen, wurde im selben Jahr in Edmonton Weltmeister und hat beim diesjährigen Istaf noch einen weiteren Glanzpunkt gesetzt. Er hat mit seinem Sieg im Jahnstadion in 48,05 Sekunden die Konkurrenz deutlich hinter sich gelassen und damit seine Siegesserie vergoldet. Felix Sanchez hat alle sieben Meetings der Golden League gewonnen und damit den Jackpot geknackt. Nicht alleine, sondern mit drei weiteren Athleten zusammen, aber auch so sind das zwölfeinhalb Kilo Gold oder umgerechnet 133 000 Euro.

Schon zwei Meter vor dem Ziel hat er beide Arme in den Himmel gestreckt und damit seinen Konkurrenten signalisiert: Ihr könnt mich doch nicht schlagen. Dabei war ihm die Golden League eigentlich gar nicht so wichtig. Als ungeschlagener Athlet über 400 m Hürden und mit fünf zusätzlich gewonnenen 400-m-Rennen führt er auch die Gesamtwertung im Grand Prix deutlich an und kann deshalb beim Grand Prix Finale am 14. September als Gesamtsieger noch mehr verdienen als bei der Golden League. Doch noch wichtiger als das Geld ist dem Newcomer der Ruhm. „Ein Weltmeistertitel ist mehr wert als der Sieg in der Golden League", sagt Sanchez, der mittlerweile in Los Angeles lebt und US-Bürger ist. Doch er hat seinen dominikanischen Pass behalten und startet für sein Heimatland. Mit ganzem Stolz. Er hat als Erster eine internationale Medaille für die Karibikinsel gewonnen und gilt schon jetzt als Nationalheld. Auf seinem Arm ein Tattoo mit einem Superman-Symbol und seinem n darin.

Und noch etwas fällt an ihm auf. Seit den Olympischen Spielen trägt Felix Sanchez ein blinkendes rosa Armband. Ein Souvenir aus Sydney, das er bei der Schlussfeier trug, als die Flamme langsam erlosch und er das Gefühl verspürte, hier eine große Niederlage erlitten zu haben. Im Halbfinale war er ausgeschieden. „An diesen schmerzhaften Moment soll mich das Armband bei jedem Rennen erinnern." Erst 2004 in Athen will er das Band eventuell wieder ablegen.

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