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Interimstrainer Rene Tretschok (m.).

© dpa

Hertha BSC: Balakow als Nachfolger für Skibbe gehandelt

Interimstrainer René Tretschok versucht Herthas Profis die Angst vor Borussia Dortmund zu nehmen. Und die könnten bald schon einen ehemaligen Bundesliga-Profi als Trainer bekommen.

Es ist die erste Übung mit Ball, im ersten Training mit den beiden Neuen. „Männer!“, ruft Ante Covic, der Zuarbeiter von Herthas Interimstrainer René Tretschok, „ihr müsst euch nach dem Abspiel bewegen! Raus aus dem Schatten!“

Besser kann man die Situation bei Berlins Fußball-Bundesligisten kaum zusammenfassen. Raus aus dem Schatten. Das gilt weniger für Tretschok, 43, und Covic, 36, die bisher als Jugendtrainer bei Hertha im Hintergrund gewirkt haben. Es betrifft vor allem die Mannschaft, über die sich zuletzt ein dunkler Schatten gelegt hat. Seit der Winterpause hat das Team alle fünf Pflichtspiele verloren, das Tabellenende ist nur noch drei Punkte entfernt, der Traum vom Pokalfinale ausgeträumt – und in dieser Woche darf sich bereits das dritte Trainergespann am Projekt Klassenerhalt versuchen. Tretschok und Covic, beide ehemalige Profis des Vereins, werden am Samstag im Heimspiel gegen den Meister Borussia Dortmund auf der Bank sitzen, ehe sie einer langfristigen Lösung Platz machen sollen. Offensichtlich ist der frühere Stuttgarter Spieler Krassimir Balakow, der derzeit Hajduk Split trainiert, ein aussichtsreicher Kandidat. Herthas Manager Michael Preetz hat bereits Erkundigungen über ihn eingeholt, und schon in Kürze soll es ein Gespräch mit dem Bulgaren geben.

René Tretschok weiß, dass er nicht lange in der ersten Reihe stehen wird, aber das schmälert seine Lust an dieser Aufgabe nicht. „Wir haben schon Gänsehaut“, sagt er. Am großen Rad wird der neue Trainer bei gerade mal fünf Trainingseinheiten nicht drehen können, allenfalls an kleinen Stellschrauben. Es sind Details, auf die Tretschok wert legt. So wie am Morgen in der Kabine, als er zu Beginn seiner kleinen Vorstellungsrede erst einmal Christoph Janker zum 27. Geburtstag gratuliert. „Es ist wichtig, dass man solche Dinge gleich weiß“, sagt Tretschok.

Achtzig Minuten dauert das erste Training am Morgen, ebenso die zweite Einheit am Nachmittag. Ab heute wird dann ausschließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainiert, „damit Jürgen Klopp nicht so viele Infos bekommt“, wie Tretschok sagt. Das immerhin könnte ein kleiner Vorteil für die Berliner sein: dass die Dortmunder und ihr Trainer Klopp noch nicht genau wissen, was sie am Samstag erwartet. Anders als umgekehrt. Tretschok hat vier Jahre für den BVB gespielt und verfolgt den Klub schon deshalb etwas intensiver als andere. Er weiß, mit welcher Mannschaft, welchem System die Dortmunder spielen, kennt ihre Stärken und ihre Schwächen. Gleich nach seiner Beförderung zum Trainer der Profis hat die Analyse des nächsten Gegners begonnen. „Wir sind dabei, Borussia Dortmund auseinander zu nehmen“, sagt Tretschok.

In welcher Aufstellung sich die Mannschaft der Aufgabe stellen wird, ist noch ungewiss. Gestern fehlten Andreas Ottl, Pierre-Michel Lasogga, Christian Lell, Fabian Lustenberger, Lewan Kobiaschwili und Felix Bastians wegen leichter und mittelschwerer Blessuren; ausfallen werden gegen den BVB aber wohl nur Ottl (Rotsperre), Lustenberger und Lell.

Im Training geht es am ersten Tag auffallend laut und lebhaft zu, aber das ist nach jedem Trainerwechsel so. Die Spieler brüllen Kommandos übers Feld, Covic ruft von der Seite Anweisungen hinein, während Tretschok eher die Beobachterrolle einnimmt. In einer Pause nimmt er Adrian Ramos zur Seite und spricht kurz mit ihm. Tretschok hat sich vorgenommen, „sehr viel Kommunikation zu betreiben“, will mit jedem Spieler ein Einzelgespräch führen. „Meine Frau hat mir frei gegeben“, sagt er. Notfalls könne er auch auf dem Vereinsgelände übernachten.

Tretschok hat schon im ersten Training den Eindruck gewonnen, „dass die Mannschaft sehr fokussiert ist und sehr leidenschaftlich arbeitet“. Das wäre ein deutlicher Fortschritt zur 0:5-Niederlage am Wochenende in Stuttgart, die seinen Vorgänger Michael Skibbe in letzter Instanz den Job gekostet hat. Der Auftritt wurde wohl nicht zu Unrecht als Misstrauensvotum gegen den Trainer gewertet, Tretschok aber bescheinigt dem Team „einen sehr guten Charakter“.

Auf den wird es auch am Samstag ankommen, im Spiel gegen den Tabellenführer, der seine letzten sieben Pflichtspiele gewonnen hat. „Wir haben keine Angst“, sagt René Tretschok. „Aber ich glaube auch nicht, dass wir Borussia Dortmund herspielen werden.“ Das erwartet auch keiner: Ein gruseliger Sieg wäre schon mehr, als Herthas Fans zu hoffen wagen.

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