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Sport: Hertha BSC: Der Berliner Fußball-Verein strahlt an der Sonnenallee

Wer um abgegriffene Metaphern nicht verlegen ist, der hatte am Sonntag sofort das passende Bild zur Hand. Besser gesagt: die passenden Bilder.

Wer um abgegriffene Metaphern nicht verlegen ist, der hatte am Sonntag sofort das passende Bild zur Hand. Besser gesagt: die passenden Bilder. Da ist zunächst einmal die alte Dame, ohne die keine Geschichte über Hertha BSC auskommt. Da diese alte Dame sich nun am Sonntag nach 108-jährigem Dasein als eingetragener Verein eine neue Organisationsstruktur gab, lag der Bezug zu einem Kleidungsstück nahe. "Alte Dame in neuem Kleid" wurde also gedichtet, und das in einem Hotel im Arbeiterbezirk Neukölln an der Sonnenallee, die ja durch einen Kinofilm zeitweise ebenso bekannt geworden ist wie der Fußball-Verein, der da am Sonntag mehrere Stunden lang tagte. Den Verantwortlichen von Hertha BSC war es recht.

Manager Dieter Hoeneß formulierte für die Kapitalgesellschaft Hertha BSC gleich ein anspruchsvolles Ziel: "Wir wollen in den nächsten fünf Jahren die Meisterschaft nach Berlin holen. Der deutsche Fußball braucht neben Bayern München eine zweite Kraft." So deutlich hat sich der Berliner Manager noch nie festgelegt. Und Hoeneß legte nach: "Uns treibt die Sehnsucht von der Fahrt im offenen Bus mit der Meisterschale durch das Brandenburger Tor." Das Auditorium im Hotel Estrel dankte es ihm mit lang anhaltendem Beifall.

Die Grundlage für die Verwirklichung dieser hohen Ziele schufen 401 Mitglieder, die für eine Ausgliederung der Profi-Abteilung, der Amateure und der A- Jugend in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) stimmten. Nur 27 waren dagegen. "Wir müssen investieren", sagte Hoeneß, "wir müssen uns an der nationalen Spitze etablieren und den Aufstieg in die internationale Spitze schaffen."

"In den nächsten fünf Jahren Meister - na ja, da muss der Dieter den einen oder anderen Spieler aber noch holen", sagte Trainer Jürgen Röber, der nach dem 4:0-Sieg in Frankfurt mit Ovationen von der Versammlung begrüßt wurde. Zwar schlossen Röber und Hoeneß nach der beschlossenen Umwandlung Schnellschüsse auf dem Transfermarkt aus, zumal Hertha als KGaA in absehbarer Zeit nicht wie Borussia Dortmund an die Börse gehen wird. Doch Röber machte auch die Linie klar: Hertha schaut sich nicht nach Ergänzungsspielern, sondern nach echten Verstärkungen um. "Und die werden eine Menge Geld kosten", betonte der Trainer. Spieler wie der Kölner Christian Timm, die nach auslaufenden Verträgen geholt werden können, werden immer mehr die Ausnahme werden.

Die rasante Entwicklung des Vereins in den letzten fünf Jahren hat Hertha BSC schon jetzt in völlig neue Dimensionen geführt: Der Umsatz wurde verneunfacht auf 107 Millionen Mark, für den Brasilianer Alex Alves wurden 15 Millionen Mark allein an Transferentschädigung ausgegeben, die Mitglieder-Zahl ist auf 9000 verfünffacht worden. "Zur Zeit ist alles top", verkündete Präsident Bernd Schiphorst im größten Hotel Berlins. Aber um in die Bereiche des FC Bayern, von Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund vorzustoßen, sei die neue Struktur unabdingbar.

Ganz ohne Gegenwehr der Basis aber ging die Umwandlung in eine KGaA nicht über die Bühne - trotz Freibier, kostenlosem Bufett und flammenden Reden für die Vorteile der Kapitalgesellschaft. Erst wies die Versammlung einen Antrag auf Verschiebung der Umwandlung (wegen angeblich mangelnder Information der Mitglieder) zurück. Dann entzündete sich eine heiße Diskussion um die Zusammensetzung des so genannten Beteiligungsausschusses, der künftig die wichtigsten Entscheidungen trifft. Neben dem kompletten Aufsichtsrat und Präsidium werden nun auch fünf von den Mitgliedern gewählte einfache Vereinsvertreter dem wichtigsten Gremium angehören.

Die KGaA startet mit einem Grundkapital von 5,2 Millionen Mark. Sie übernimmt das Vermögen, aber auch alle Verbindlichkeiten des Vereins. Im Gegenzug hält der Verein alle Aktien. "Ich rechne damit, dass wir mit Saisonbeginn 2001/2002 die Gesellschaft haben werden", sagte Präsident Schiphorst und legte damit einen ehrgeizigen Rahmen fest. In den nächsten Wochen müssen auch die personellen Fragen geklärt werden. Als erste Kandidaten auf die Positionen der zwei Geschäftsführer gelten Herthas Manager Dieter Hoeneß und der Finanzchef Ingo Schiller.

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