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© dpa

Hertha BSC: Der Torschuss macht nur im Training Spaß

Hertha BSC klammert sich sportlich an die letzte Minichance – und erwartet keine Platzsperre.

Berlin - Am Donnerstag hat Hertha BSC das Spiel beim VfL Wolfsburg abgesagt. Das war schon ein bisschen peinlich, aber in Berlin haben sie zurzeit andere Sorgen als Fußball, und für das Spiel am Sonntag in Wolfsburg hätten eh nur sechs Leute zur Verfügung gestanden, darunter drei Praktikanten. „Da macht das Ganze keinen Sinn“, sagt Robert Burkhardt, er leitet bei Hertha die Abteilung Internet und hatte sich schon gefreut. Auf den Kick zwischen den Geschäftsstellen beider Fußball-Bundesligisten.

Es läuft nicht besonders rund auf dem Klubgelände am Olympiastadion, es ist in diesen Tagen so hermetisch abgeriegelt wie zuletzt bei der WM 2006, als hier die deutsche Nationalmannschaft fürs Sommermärchen probte. Eine Woche lang hat Hertha die Fans ausgeschlossen von den täglichen Trainingseinheiten. Es sollte dies ein Zeichen sein nach den Ausschreitungen vom vergangenen Samstag und ist doch weitgehend untergegangen, weil nur Anhängerschaft in einstelliger Zahl Einlass begehrte. Hertha war schon mal angesagter als im Frühling 2010.

Am kommenden Mittwoch wird der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zu Gericht sitzen über die Berliner und den Teil ihrer Fans, die vor einer Woche nach dem 1:2 gegen den 1. FC Nürnberg den Platz gestürmt hatten. Hertha schickt eine hochrangige Delegation, angeführt vom Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller und Prokurist Thomas Herrich. Manager Michael Preetz sagt, er erwarte keine Platzsperre, der DFB habe schon unmittelbar nach der Randale signalisiert, „dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten vernünftig reagiert haben“. Heimspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit würden Hertha hart treffen, auch wenn die Öffentlichkeit nicht mehr allzu stark interessiert sein dürfte an dem, was der abgeschlagene Tabellenletzte in dieser missratenen Saison noch so alles treibt. Doch in den vorerst letzten vier Heimspielen in der Ersten Liga geht es noch gegen Dortmund, Stuttgart, Schalke und Bayern München, und für diese Mannschaften interessiert sich die Öffentlichkeit schon. Die damit verbundenen Einnahmen kann Hertha im Hinblick auf die angepeilte Rückkehr in die Bundesliga nur zu gut brauchen.

Unter der Woche haben sich die Berliner schon mit ihren Wolfsburger Kollegen beraten. Beim VfL kennen sie sich aus mit unwilligen Hertha-Fans. Gut hundert von denen hatten im Mai 2003 vor der VW-Arena die Abfahrt des Berliner Mannschaftsbusses blockiert, begleitet von den üblichen „Scheiß-Millionäre!“-Rufen. Herthas Manager Dieter Hoeneß und Mannschaftskapitän Michael Preetz mussten die Menge beruhigen. Heute amtiert Hoeneß als Manager in Wolfsburg, Preetz hat ihn in Berlin beerbt. Damals kämpfte Hertha um einen Platz im Uefa-Cup, am Ende erfolgreich. Am Sonntag geht es beim ersten Wiedersehen mit Dieter Hoeneß um die allerallerallerletzte Minichance im Kampf gegen den Abstieg, und wer mag schon an ein erfolgreiches Ende glauben?

Friedhelm Funkel mag weiterhin nicht vom so gut wie besiegelten Abstieg reden. Das macht schon mal deshalb Sinn, weil ein Neuaufbau in der Zweiten Liga kaum mit ihm als Trainer stattfinden sollte. Also glaubt Funkel nach außen weiterhin an das Unmögliche. Und freut sich darüber, dass „die gedrückte Stimmung nach der Niederlage gegen Nürnberg verflogen ist“ und wie viel Spaß seine Spieler im Training bei den Torschussübungen haben.

Spaß beim Torschuss? Den hatten Herthas Spieler zuletzt eher selten. Schade eigentlich, dass kein Fan zugeguckt hat.

 Sven Goldmann

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