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Hertha BSC: Die Gerade wird zur Kurve

Weder Heim- noch Auswärtsspiel: Hertha muss gegen Stuttgart im halbvollen Olympiastadion antreten.

Berlin - Die Zeit der Entscheidungen in der Fußball-Bundesliga ist immer auch die Zeit des Übersinnlichen. Dann kommt der Fußballgott ins Spiel, geht das Abstiegsgespenst um und werden auch sonst gerne höhere Mächte bemüht. Der Berliner Fußball-Bundesligist Hertha BSC macht in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Die letzten fünf Spiele im sportlichen Existenzkampf stehen jetzt an, und das erste ist gleich eines unter extremen Bedingungen: Nur 25 000 Hertha-Fans dürfen an diesem Samstag ins Olympiastadion, der harte Kern hingegen muss sich das Spiel in der Waldbühne auf einer Videowand anschauen. Manager Michael Preetz ist ganz zuversichtlich, dass es den ausgesperrten Anhängern aus der Kurve gelingt, „so was wie guten Geist rüberfliegen zu lassen“. Allzu weit hat es der gute Geist schließlich nicht: Er muss nur über die Friedrich-Friesen-Allee und dann durchs Marathontor ins Olympiastadion.

Es kann gut sein, dass Hertha externe Unterstützung benötigt, denn zuletzt war der akustische Beistand aus der Ostkurve, die diesmal leer bleibt, vorbildlich. „Die fantastische Unterstützung wird uns fehlen“, sagt Preetz. „Aber ich hoffe, dass auch die, die da sind, Stimmung machen.“ Das wäre vor allem das Haupttribünenpublikum, das sich von der Kurve gerne zum Klatschen mitreißen lässt, in der Regel aber nicht selbst initiativ wird.

Schwer zu sagen also, wie die Stimmung im Stadion sein wird. Dass man vor allem die Stuttgarter Fans hören wird, glaubt Herthas Manager nicht. Der VfB hat nicht einmal die Hälfte seines Kontingents (7500 Karten) in Anspruch genommen, der Rest des Stuttgarter Blocks wird leer bleiben. „Es sind immer noch deutlich mehr Berliner als Stuttgarter im Stadion“, sagt Preetz. „Es wird nicht wie bei einem Auswärtsspiel.“ Schade eigentlich.

Auswärts hat sich Herthas Mannschaft zuletzt deutlich geschickter angestellt als im eigenen Stadion, wo sie seit dem ersten Spieltag in nunmehr 13 Versuchen nicht mehr gewonnen hat. Von den sechs Auswärtsspielen der Rückrunde hat Hertha vier gewonnen, dabei 14:1 Tore erzielt. In den sechs Heimspielen des Jahres 2010 hingegen haben die Berliner gerade zwei Treffer zuwege gebracht.

Herthas Bilanz vor eigenem Publikum fällt erschütternd aus, trotzdem ist die Grundstimmung vor dem nächsten Heimspiel positiv, obwohl die Stuttgarter unter ihrem neuen Trainer Christian Gross nur ein Auswärtsspiel verloren haben. „Die Freude an der Arbeit ist zurück“, sagt Mittelfeldspieler Gojko Kacar. Und die vermag auch der VfB als erfolgreichste Mannschaft der Rückrunde nicht entscheidend zu trüben. „Wir können auch gegen sehr starke Mannschaften gut spielen“, sagt Kapitän Arne Friedrich, „das haben wir gegen Dortmund und in Wolfsburg gezeigt.“

Nach drei Spielen ohne Niederlage könnte Hertha mit einem Sieg gegen Stuttgart erstmals seit Ende September den letzten Tabellenplatz verlassen – und im Idealfall sogar auf den Relegationsrang, das letzte realistische Ziel aller Träume, vorrücken. Auch deshalb ist die Begegnung mit dem VfB wohl der entscheidende Schlüssel für den weiteren Fortgang der Saison und den erfolgreichen Abschluss der Mission Klassenerhalt. Es geht darum, die schöne, kleine Serie nicht schon wieder enden zu lassen. Und es geht auch um die Psychologie der Massen. Das Spiel gegen Stuttgart ist das Spiel, von dem die Leute sagen: Wenn sie das gewinnen, dann glaube ich doch noch dran.

Friedhelm Funkel, Herthas Trainer, denkt nicht so wie die Masse. Von wegen Schlüsselspiel. „Wir haben seit Beginn der Rückrunde nur Schlüsselspiele“, sagt er, „und das wird bis zum Ende auch so bleiben.“ Die Zeit des Übersinnlichen ist noch lange nicht vorbei.

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